Frisch gedruckt auf den Tisch. Die Teilnehmerin eines Workshops nimmt einen fertigen 3D-Druck aus der Maschine. Foto: Happy Lab

Ich druck dich

Die High-Tech-Werkstatt Happy Lab startet in Berlin. Hier können sich Anfänger und Tüftler austoben.

Martin Wesian muss erst krank werden, um auf seine Start-up-Idee zu kommen: Bei einer Reise durch Venezuela trinkt er versehentlich verschmutztes Wasser und bekommt Cholera. Als Wesian wieder gesund wird, will er eine Lösung gegen kontaminiertes Wasser finden und die dadurch bedingten Krankheiten reduzieren. Wesian entwickelt dafür ein solarbetriebenes UV-Messgerät, das den Prozess solarer Wasserdesinfektion in einer PET-Flasche veranschaulicht. Den Prototyp bastelt er im Happy Lab, einer High-Tech-Werkstatt in Wien. Künftig können solche Ideen auch in Berlin ausgetüftelt werden, am Freitag eröffnete die erste deutsche Filiale Labs im Wedding.

Gegen eine Mitgliedsgebühr zwischen monatlich neun und 49 Euro können Kunden hier Maschinen wie 3D-Drucker, eine CNC-Fräse, Laser Cutter und Schneideplotter nutzen, um an ihren Ideen zu werkeln oder Modelle zu entwerfen, auf denen sie ihr Geschäftsmodell aufbauen möchten. Statt sich die teuren Maschinen selbst anzuschaffen oder auszuleihen, sollen sie in der Werkstatt die Möglichkeit bekommen, kostengünstig Sachen ausprobieren zu können. Rund 2000 Kunden wollen die beiden Happylab-Gründer Roland Stelzer (39) und Karim Jafarmadar (32) in den kommenden zwei bis drei Jahren in Berlin gewinnen, 300 000 Euro haben sie hier investiert.

DIY und Entschleunigung

„Berlin ist der perfekte Standort für unsere Werkstatt, denn hier kommen die pulsierende Kreativ- und Start-up-Szene zusammen“, erklärte Stelzer vor der Eröffnung am Donnerstag. Auf die Idee gekommen zum Happy Lab sind die beiden während ihres Informatikstudiums durch ihren gemeinsamen Professor Herbert Hörtlehner, Spitzname „Happy“. In seiner Wohnung hätten sich die Studenten zum gemeinsamen Tüfteln getroffen, nach seinem plötzlichen Tod suchten sie einen neuen Raum – und kamen auf die Idee mit dem „Happy“ Lab. Neben Wien gibt es inzwischen auch eine Filiale in Salzburg, insgesamt 2000 Kunden haben Stelzer und Jafarmadar seit dem Start 2006 gewinnen können. Dabei profitieren sie von dem „Do it yourself“-Trend. Dinge selbst zu produzieren, wird von vielen Menschen als Entschleunigung in der digitalisierten Welt empfunden. Hinzu kommt, dass durch die zahlreichen Plattformen im Netz neue Vertriebswege entstehen, so dass Heimwerker aus ihrem Hobby einen Beruf machen können. So wie Anja Schober, die im Wiener Happy Lab Schmuck aus Acrylglas fertigt, den sie heute unter Heartware.at verkauft. Seien die Kunden des Happy Labs anfangs zu 90 Prozent Männer gewesen, würden wie Schobe inzwischen auch immer mehr Frauen in die Werkstatt kommen, sagt Stelzer. „Viele Frauen trauen sich den Umgang mit der Technik vielleicht anfangs nicht zu, deshalb wollen wir speziell sie als Zielgruppe ermutigen, sich bei uns auszuprobieren.“

Dabei helfen soll auch Hendrike Sand, die zusammen mit Simon Willmann Lab-Managerin ist. Sie stehen als Ansprechpartner zu bestimmten Zeiten zur Verfügung, beraten und helfen bei der Benutzung der Geräte und geben jeden Mittwoch um 19 Uhr einen kostenlosen Schnupperkurs, zu dem auch Nicht-Mitglieder kommen können. Vorkenntnisse seien dafür nicht nötig, viele Maschinen würde man bereits nach einer kurzen Einführung und einigen Versuchen beherrschen, versichert Stelzer. Vom Schüler, über den Start-up-Gründer und die Designerin und Architektin bis hin zum Rentner sei jeder in der Werkstatt willkommen. Dabei würden die Kunden auch vom Austausch untereinander profitieren und mit ihren Ideen besser vorankommen, als wenn sie allein im Hobbykeller an ihren Projekten herumschraubten.

Roboterboote & Ersatzteile

Auch Materialien können Kunden in der Werkstatt kaufen, viele würden sie sich aber mitbringen, sagt Stelzer. Gleich gegenüber dem Berliner Lab an der Demminer Straße 3 gibt es einen Baumarkt, auch Co-Working-Spaces wie die Factory und Ahoy sind gleich um die Ecke, so dass es Start-up-Gründer nicht weit in die Werkstatt haben, die Mitglieder mit dem teuersten Tarif rund um die Uhr nutzen können. Stelzer kommt kaum noch zum Basteln. Zuletzt habe er ein Robotersegelboot für die Beobachtung von Schweinswalen in der Ostsee mitentwickelt. „Ansonsten baue ich im Lab eher kleinere Ersatzteile für zu Hause, beispielsweise, wenn am Wäschetrockner etwas abgebrochen ist.“