In Schottland gewann die Scottish National Party zahlreiche Sitze hinzu. Screenshot von New York Times

Datenspiegel #47: So erfolgreich waren die Tories wirklich

Großbritannien hat gewählt. Grafiken zeigen, wo die Brexit-Befürworter am meisten dazugewinnen. Außerdem: Wie sich die Temperaturen in Deutschlands Gemeinden in den vergangenen 100 Jahren verändert haben.

Überall auf der Welt versuchen Medien, mit Datenanalysen, Infografiken und Crossmedia-Geschichten, den Journalismus weiterzudenken. An dieser Stelle sammelt das Team des Tagesspiegel Innovation Lab seine Lieblingsgeschichten – jede Woche. Dieses Mal mit den Wahlergebnissen aus Großbritannien, dem Klimawandel in deutschen Gemeinden und dem Streit um eine neue Pipeline.

Der Brexit gewinnt

Mit „Get Brexit done“ warb die Partei des Premierministers Boris Johnsons um Stimmen in Großbritannien. Damit aben die Conservatives die absolute Mehrheit im britischen Parlament geholt. Die Labour-Partei erhielt das schlechteste Wahlergebnis seit 1935. Sowohl der Guardian als auch die New York Times haben die Wahlergebnisse auf Karten nach Wahlkreisen analysiert. Sie zeigen, in welchen Regionen die Parteien besonders stark waren.

Vor allem im Norden Englands, wo früher traditionell Labour gewählt wurde, konnten die Tories Sitze gewinnen – dank ihres klaren Kurses für den Ausstieg aus der Europäischen Union. Anders sieht es in Schottland aus. Die Scottish National Party (SNP) überzeugte dort mit ihrem Ziel, in der EU zu verbleiben.

Mit einer absoluten Mehrheit mit 75 Sitzen Vorsprung wird der Brexit also ziemlich sicher kommen. Johnson wollte aber nichts überstürzen. “Let’s get Brexit done, but first let’s get breakfast done”, sagte er am Donnerstagabend.

Deutschland sieht rot

2018 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung in Deutschland. 1940 war das kälteste. Screenshot: Tagesspiegel von der Zeit Online

Schwieriger wird durch den neuen Nationalismus wie dem Brexit sicherlich die Lösung internationaler Probleme – etwa des Klimawandels. Einzelne Länder alleine werden den kaum lösen können. In den vergangenen Wochen haben wir immer wieder interaktive Stücke vorgestellt, die den Temperaturanstieg in einigen Ländern im Detail zeigen. Dank Zeit Online ist das für Deutschland nun auch für jede Gemeinde möglich. Jeder kann sich die Jahresdurchschnitttemperaturen seiner oder ihre Gemeinde anzeigen lassen.

Doch schon ein Blick auf die Deutschlandkarte zeigt, wie stark die Temperaturen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 angestiegen sind. Besonders erschreckend: Neun der zehn heißesten Jahre in Deutschland erlebten wir nach der Jahrtausendwende.

Wetterzeitmaschine

Jedes Quadrat zeigt eine Wetteraufzeichnung, die entweder von Messgeräten (braun) oder auf See (gelb) aufgezeichnet wurde. Screenshot: Tagesspiegel von Reuters

Vor allem mehr Wetterdaten könnten helfen, den Klimawandel noch besser zu verstehen. Gerade, wie sich das Wetter über dem Meer verändert, ist dabei eine entscheidende Frage. Leider gab es dort aber früher keine Messstationen. Ein Projekt namens „Old Weather“ sammelt deswegen nun Wetterdaten aus alten Logbuchaufzeichnungen von Schiffen.

Reuters Graphics stellt das Projekt vor und erklärt, wie Klimaexperten die alten Aufzeichnungen in komplexe Datenbanken verwandeln. Diese „Wetterzeitmaschinen“ ermöglichen es Forschern, Wettertrends noch weiter in die Vergangenheit zurückzuverfolgen als bisher. Wer sich nicht für das Technische dahinter interessiert: Reuters hat die Freiwilligen getroffen, die diese Logbücher übertragen. Das ist echtes Engagement!

In eigener Sache: Wie gefährlich werden E-Scooter überholt?

Illustration: Martin Baaske

Sie scheiden die Geister, die neuen Elektrotretroller. Nur selten geht es in den hitzigen Diskussionen aber darum, wie gefährlich es eigentlich ist, ein solches Gefährt im Berliner Straßenverkehr zu benutzen.

Wir vom Tagesspiegel Innovation Lab haben gemessen, wie eng E-Scooter von Autofahrern überholt werden. Knapp drei Wochen sind wir mit den Elektro-Tretrollern zur Arbeit gefahren. Dabei benutzten wir das gleiche Messverfahren, das wir 2018 für das Projekt Radmesser entwickelt haben.

Laut Rechtsprechung müssen überholende Autos 1,5 Meter Sicherheitsabstand einhalten, egal, ob sie Leute auf Fahrrädern oder E-Scootern überholen. In 51 Prozent der Fälle hielten Autofahrer diesen Abstand nicht ein. Auf Scootern wird man demnach genauso schlimm überholt wie auf dem Fahrrad. Es muss also doch an den schlechten Berliner Straßen liegen… Und am regelwidrigen Verhalten der Autofahrer.

Was ansonsten noch spannend war

Infrarotkameras können wahre Detektivarbeit leisten. Das zeigen die Kollegen der New York Times. Mit extra angefertigten Kameras haben sie Methanlecks an Öl- und Gasaufbereitungsanlagen sichtbar gemacht.

Ebenfalls von der New York Times: Der Weg für ein Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten Donald Trump ist frei. Nun stimmt das Repräsentantenhaus ab. Die Kollegen fragen sämtliche Abgeordnete, wie sie abstimmen würden und updaten den Artikel regelmäßig.

Die Mieten steigen, nicht nur in Berlin. Die ungarische Nachrichtenwebsite „Index“ hat analysiert, wie die Lage in ungarischen Städten ist.

Das Interaktiv-Team von Aljazeera ist über 2000 Kilometer durch Kanada gefahren und hat den Konflikt um den Bau einer Pipeline dokumentiert.

In immer mehr Familien gehen beide Elternteile arbeiten, auch wenn das Kind noch keine drei Jahre alt ist. Das hat der SWR mithilfe von Daten des Statistischen Bundesamtes herausgefunden.

Zum Schluss wird es poetisch. Das Team von Satellite Studio hat einen Haiku-Generator gebaut, der zu jedem Ort auf der Welt ein Gedicht aus Kartendaten kreiert. Einfach Standort angeben und Berlin dichterisch neu entdecken!

Screenshot von Satellite Studio