Stefan Weber ist Direktor am Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum Berlin. Im Video erklärt er die wichtigsten Kapitel der syrischen Geschichte im Schnelldurchlauf.
Eine kurze Zeitreise durch die lange Geschichte Syriens
Seit sieben Jahren wird in Syrien gekämpft. Doch die syrische Geschichte ist schon seit Jahrhunderten geprägt von wechselnden Herrschern, territorialen Konflikten und der Suche nach einer eigenen Identität. Erkunden Sie sie in einem interaktiven Zeitstrahl.
Die Grabtürme von Palmyra: gesprengt. Der Bazar von Aleppo: in großen Teilen zerstört. Im Juli 2011, vor genau sieben Jahren, bildete sich erst langsam, dann immer schneller, die Freie Syrische Armee (FSA). Einstige Zivilisten bewaffnen sich, Desserteure der syrischen Regierungstruppen laufen über. Gemeinsam wollen sie sich gegen den Staat wehren, der mit Beginn des Arabischen Frühlings angefangen hatte, seine Armee auf Demonstranten loszulassen. Später werden auch Untergruppen der al-Qaida sowie unzählige weitere Splittergruppen in den bewaffneten Konflikt eintreten. Sieben Jahre danach sind laut Zählungen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 350.000 Menschen einem der blutigsten Bürgerkriege der Region zum Opfer gefallen.
Neben dem unsagbaren menschlichen Leid, das der syrische Bürgerkrieg verursacht, zieht er aber noch eine weitere Spur der Verwüstung durch das Land. Denn das Territorium, auf dem heute um Syrien gekämpft wird, gilt als eines der geschichtsträchtigsten Gebiete der Welt. Ganze Zivilisationen wechselten sich hier ab, vermengten sich, kämpften, oktruierten, verdrängten und fanden Zeiten friedlicher Koexistenz in heute unvorstellbar vielfältigen Gesellschaften. Im Videointerview fasst der Syrien-Experte und Berliner Archäologe Stefan Weber die wichtigsten Kapitel der Geschichte von Syrien und Aleppo zusammen. Er erzählt, warum das Land schon immer eines der Wanderungen und Auseinandersetzungen war. Und warum der Bürgerkrieg auch für Archäologen und Historiker aus aller Welt einen enormen Verlust bedeutet.
Interaktiver Zeitstrahl
Im Zeitstrahl können Sie die Hauptepochen der syrischen Geschichte außerdem selbst erkunden:
Die Provinz Syria wird durch Feldherr Gnaeus Pompeius Magnus zum Teil des Römischen Reiches ernannt. Der Name des heutigen Syriens ist darauf zurückzuführen. Hauptstadt ist Antiochia (heute Antakya in der Türkei), damals eine der größten und bedeutendsten Städte im östlichen Mittelmeerraum.
Das byzantinische Syrien wird von Arabern nach der Schlacht am Jarmuk erobert. Im Jahr 661 verlagert der Kalif Muʿāwiya I. die Hauptstadt seines Kalifats nach Damaskus. Dadurch wird Syrien das neue Kernland des Reiches.
Christliche Kreuzfahrer landen in Syrien und gründen mehrere Kleinstaaten. Da die islamischen Herrscher in der Region zerstritten sind, können sich die Kreuzritter dort lange halten. Erst 1268 erobern muslimische Truppen das Land zurück.
Syrien wird Teil des Osmanischen Reichs und hat als Drehkreuz für den Warenverkehr eine strategisch besondere Bedeutung. Unter osmanischer Herrschaft herrscht relative Toleranz zwischen Muslimen, Christen und Juden. Nachdem europäische Händler den Seeweg nach Indien entdecken, beginnt der wirtschaftliche Niedergang Syriens, da das Land seine Bedeutung für den Transithandel aus Asien einbüßt.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 ist Syrien zunächst von britischen Truppen besetzt. 1920 erklärt sich Syrien zur unabhängigen Monarchie. Eine arabisch-nationalistische Regierung unter Duldung der Briten wird errichtet. Faisal I. lässt sich zum König krönen. Im selben Jahr marschieren Frankreichs Truppen ein und stellen das Land unter ihre Verwaltung. Dabei trennen sie Libanon, Palästina und Jordanien von Syrien ab. Die Syrer empfinden Frankreich als Kolonialmacht. Es kommt immer wieder zu bewaffneten Aufständen, die die Franzosen mit Gewalt niederschlagen.
Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ziehen sich die französischen Truppen aus Syrien zurück und entlassen das Land 1946 in die Unabhängigkeit. Bereits 1945 ist Syrien Gründungsmitglieder der Vereinten Nationen.
Die Baath-Partei putscht sich in Syrien an die Macht: Sie verknüpft sozialistische mit panarabischen Ideen miteinander. Unternehmen werden verstaatlicht, das Land orientiert sich in Richtung Sowjetunion.
General Hafiz al-Assad kommt an die Macht. Militär und Geheimdienst sichern seine Herrschaft ab. Oppositionelle werden verhaftet oder ermordet. 1982 lässt er einen Aufstand der Muslimbrüder in Hama niederschlagen, mehr als 20.000 Menschen sollen dabei getötet worden sein. Hafiz al-Assad stirbt im Jahr 2000.
Im Jahr 2000 kommt Hafiz al-Assads Sohn Baschar al-Assad an die Macht. Zunächst gilt er als Reformer, doch als der Arabische Frühling 2011 in Syrien zu Demonstrationen für mehr Demokratie und Bürgerrechte führt, reagiert er mit Härte. Ein Bürgerkrieg bricht aus. Vier Millionen Menschen flüchten aus dem Land. Mehr als 500.000 Menschen sollen bisher gestorben sein.
2000
Wenn Sie wissen wollen, wie sich die Lage aktuell in Syrien entwickelt, finden Sie die neuesten Nachrichten aus der Region stets im Tagesspiegel-Themenschwerpunkt Syrien. Wenn Sie mehr zu der Forschung von Stefan Weber und seinem Projekt Syrian Heritage Archive wissen wollen, lesen Sie auch die Reportage dazu von Muhamad Abdi.