Startups wie Uber seien zwar innovativ, brächten aber weder Arbeitsplätze noch technische Neuerungen, sagt Matthias Machnig. Foto: Britta Petersen/picture alliance

»Startups wie Uber und AirBnB haben zu wenig gesellschaftliche Relevanz«

Deutschland hat zu wenig Gründungsdynamik, wurde beim diesjährigen Startup Camp in Berlin kritisiert. Man brauche relevantere Ideen als Uber und AirbBnB.

Die Berliner Gründerszene hat ein Problem: Sie will vor allem hip sein. Das meint zumindest Patrick Stähler, Gründer und Partner der Beratungsfirma Fluidminds. „Wie relevant das ist, was viele Start-ups hier tun, darüber wird viel zu wenig nachgedacht“, sagte Stähler beim diesjährigen Startup Camp in der Humboldt-Universität – nicht die einzige Ermahnung, die er den mehr als 300 Zuhörern im Audimax mit auf den Weg gab.

»Vielen deutschen Start-ups fehlt die Leidenschaft«

Bereits zum sechsten Mal fand das Camp statt, veranstaltet wird es vom Bundesverband Deutsche Startups, der hier junge Gründer mit etablierten Unternehmen und Investoren zusammenbringen und vernetzen will. Mehr als 1000 Teilnehmer zählt das Camp in diesem Jahr, so viele wie nie zuvor. Doch bevor neue Ideen präsentiert und Kooperationen ausgelotet wurden, gab es von Fluidminds-Gründer Stähler zunächst noch weitere Kritik. „In vielen deutschen Start-ups fehlt die Leidenschaft, jeden Tag besser werden zu wollen. Sondern sie entwickeln sich bis zu einem bestimmten Punkt und hören dann einfach auf, sich weiterzuentwickeln“, sagte er. Diese Haltung müsse sich dringend ändern, forderte er.

Deutschland brauche eine neue »Gründungsdynamik«“

Matthias Machnig (SPD), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, schlug gar einen alarmierenden Ton an. Das letzte Unternehmen von Weltrang sei 1972 in Deutschland mit SAP gegründet worden. „Der Erfolg und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes hängt aber davon ab, ob wir es schaffen, eine neue Gründungsdynamik auf den Weg zu bringen“, betonte Machnig. Dafür müsse es gelingen, „die Digitalisierung in die gesamte DNA der Bundesrepublik zu übertragen“. Beispielsweise solle es attraktiver werden, mit Wagniskapital in junge Start-ups einzusteigen, um diese nach der Gründung in der Wachstumsphase zu unterstützen. Machnig regte an, dass auch Erleichterungen bei der Mehrwertsteuer auf Managementleistungen denkbar seien. Das Bundeswirtschaftsministerium sei dazu bereits mit dem Finanzministerium im Gespräch.

Mehr Relevanz, bitte!

Doch neben einer besseren Infrastruktur für Investitionen bedürfe es in Deutschland künftig auch einer Kultur, „die zweite und dritte Chancen möglich macht“. Dafür verwies er auf die USA, wo es als Voraussetzung für einen guten Unternehmer gelte, mindestens einmal gescheitert zu sein. Wie zuvor Patrick Stähler forderte auch Machnig die Start-up-Gründer dazu auf, mehr über Innovationen mit gesellschaftlicher Relevanz nachzudenken. Es spreche zwar nichts gegen Geschäftsmodelle wie den Fahrdienst Uber oder die Übernachtungsplattform AirBnB, doch würden sie weder technologische Neuerungen noch mehr Beschäftigung bringen. Deutschland brauche aber technische Innovationen.

Machnig schlug „Lernpatenschaften“ zwischen etablierten Unternehmen und jungen Start-ups vor, um einen besseren Austausch zu ermöglichen. Das Berliner Start-up Camp sei dafür eine gute Gelegenheit.