Berlins Bürgermeister ruft Startups an einen Tisch
„Atemberaubend“ findet es Michael Müller (SPD), mit welchem Tempo Arbeitsplätze in der Berliner Digitalwirtschaft geschaffen werden: 70 000 sind es bereits, 270 000 sollen es bis 2030 werden, allein 2015 sind 2,1 Milliarden Euro Wagniskapital in die Hauptstadt geflossen – ganz klar: Start-ups sind in Berlin ein Gewinnerthema. Und damit auch „Chefsache“ für den Regierenden Bürgermeister. Erstmals hat er sich am Montag nun mit Vertretern der Gründerszene am Runden Tisch im Roten Rathaus getroffen, um sich ihre Wünsche und Sorgen anzuhören und die „Berliner Agenda für ein optimiertes Wirtschaftsumfeld“ vorzustellen – die jedoch wenig Überraschendes beinhaltet.
Berlin soll IT-Staatssekretär bekommen
So soll Berlin in der nächsten Legislaturperiode einen IT-Staatssekretär bekommen, der die Digitalisierung der Verwaltung weiter vorantreibt. Dabei soll es auch einen engeren Austausch zwischen den Start-ups und der Verwaltung geben, beispielsweise, in dem Verwaltungsmitarbeiter künftig ein Praktikum in einem der jungen Unternehmen machen und sich von der dortigen Atmosphäre inspirieren lassen. Ob denn auch umgekehrt Gründer einmal in den Verwaltungsalltag reinschnuppern könnten, wollte einer der 80 Teilnehmer wissen. Da gab es einige Lacher, hieß es aus der Runde.
Weiter will der Müllers Senatskanzlei die Infrastruktur für Start-ups ausbauen. So sollen Teile des ehemalige Flughafens Tempelhof künftig zu einem „Start-up-Modellquartier“ entwickelt werden, „das Nutzung, Gastronomie und Kultur integriert.“ Denkbar sei beispielsweise, dass etablierte und junge Unternehmen in einem Hangar gemeinsam an Prototypen aus verschiedenen Bereichen forschen. Noch wird das Gelände aber zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt, einen konkreten Termin für den Einzug von Start-ups konnte Müller deshalb noch nicht nennen.
Weiterhin kein Starttermin für kostenfreies W-Lan
Keine konkrete Aussage gab es von ihm auch zum Start der Hotspots für kostenfreies W-Lan, die eigentlich in diesem Frühjahr zur Verfügung stehen sollten.
Initiiert worden war der Runde Tisch mit den Start-ups noch 2012 von seinem Vorgänger Klaus Wowereit, zweimal fand er seither statt. Müller, der regelmäßig Start-ups besucht, hat die Idee gerne übernommen – allerdings zum Argwohn der für die Digitalwirtschaft zuständigen Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU).
»Müller verwechselt Senatskanzlei mit Wahlkampfzentrale«
„Es ist kein Einzelfall, dass sich der Regierende Bürgermeister im beginnenden Wahlkampf auf die Gewinnerthemen setzt“, sagte Yzer. Sie war Montag nicht dabei und findet es „bedenklich, dass ein Termin zum wichtigen Thema Startup-Unit ohne das federführende Ressort läuft“. Vielleicht sei „der Regierende Bürgermeister zu kurz im Amt. Sonst würde er nicht die Senatskanzlei mit der Wahlkampfzentrale verwechseln.“
Das „Gewinnerthema“ Start-ups dürfte im Wahljahr 2016 freilich noch für weiteren Zündstoff sorgen.