„Kannibalisiere dich selbst!“ Uber-Chef Khosrowshahi setzt auch auf E-Bikes. Foto: Thomas Koehler/imago/photothek

Die E-Bike Offensive von Uber in Berlin stockt

Der Fahrdienst Uber will jetzt auch Fahrräder vermieten. Doch in Berlin gibt es dabei Probleme.

Uber-Chef Dara Khosrowshahi reiste persönlich an, um den großen Plan zu verkünden: Berlin werde die erste Stadt außerhalb Amerikas sein, in der das E-Bike seines Unternehmens starten wird, erklärte er Anfang Juni. Spätestens Ende des Sommers würden die Räder zur Verfügung stehen. Inzwischen fallen die Blätter von den Bäumen, doch Jump, so der Name des Leihrads, ist noch immer nicht auf den Straßen Berlins zu sehen. Ein Start im kalten Berliner Winter ist unwahrscheinlich. Dabei läuft das Geschäft mit den Rädern in den USA gut, und zwar so sehr, dass Uber sein ursprüngliches Geschäftsmodell des Mitfahrdienstes quasi selbst zu kannibalisieren beginnt.

Warum kommt Uber mit seinen Rädern auf dem deutschen Markt nicht in die Gänge? Das Unternehmen will sich dazu nicht äußern. Es werde „intensiv“ daran gearbeitet, teilte ein Sprecher lediglich mit. Die Geschwindigkeitsvorgaben in Deutschland werden kaum das Problem sein. Zwar darf ein E-Bike hierzulande nur mit einem Motor von maximal 250 Watt ausgestattet sein, der das Rad bis maximal 25 km/h unterstützt, während in den USA E-Bike-Motoren mit bis zu 500 Watt und 32 km/h erlaubt sind. Diese Begrenzung ist aber technisch schnell zu programmieren.

Leihradmarkt ist hart umkämpft

Womöglich wartet Uber ab, wie sich der ohnehin umkämpfte Leihradmarkt entwickelt. Anbieter wie Obike und Ofo haben über den Sommer aufgegeben, inzwischen sind noch fünf Anbieter stationsloser Leihräder am Markt: Byke, Deutsche Bahn/Lidl, Lime, MoBike und Donkey Republic, hinzu kommt Nextbike mit stationsgebundenen Rädern. Insgesamt sind aktuell 14 200 Leihräder in Berlin verfügbar, teilt der Senat mit.

Entscheidend beitragen zu Ubers Zögerlichkeit dürfte auch die Geschichte des US-Unternehmens in Deutschland, das verbrannte Erde hinterließ. 2013 hatte es ohne Genehmigung seinen Dienst UberPop gestartet, bei dem Privatleute Taxifahrten mit ihrem eigenen Auto anbieten. Die Fahrer hatten keinen Personenbeförderungsschein, der Dienst wurde verboten. Inzwischen ist Uber nur mit Angeboten in Berlin, München und Düsseldorf aktiv, die Fahrer haben eine Lizenz. Der „neue Ansatz“ von Uber in Deutschland sehe vor, „sich die Zeit zu nehmen, ein ordentliches Produkt zu starten und nicht nur eines, das schnell auf den Markt kommt“, sagt der Sprecher.

Uber will „Amazon für Mobilität“ werden

Warum aber steigt der Fahrdienstvermittler überhaupt ins Geschäfts mit E-Bikes ein? Unternehmenschef Khosrowshahi will sich nicht mehr allein aufs Auto beschränken. Er will Uber zum „Amazon für Mobilität“ machen. Mit der Uber-App sollen Nutzer künftig angezeigt bekommen, welches das beste Mittel für ihre jeweilige Strecke ist: sei es zu Fuß, mit öffentlichem Nahverkehr, per E-Bike, dem E-Roller, dem autonomen Auto oder womöglich in Zukunft gar mit dem selbst fliegenden Lufttaxi.

Fast 40 Prozent der gebuchten Uber-Fahrten in den USA seien kürzer als vier Kilometer, erklärte Khosrowshahi während seines Besuchs in Berlin. Eine Strecke, für die oft besser das E-Bike genutzt werden könnte. Die Zahlen zeigen, dass die Kunden dies ähnlich sehen.

Erst im April hatte Uber das E-Bike-Start-up Jump für angeblich 200 Millionen Dollar übernommen. Sowohl der (Mit-)Fahrdienst im Auto als auch das Rad können über die gleiche App gebucht werden. Seit Juli ist die Zahl der Buchungen von neu hinzugekommenen Jump-Kunden insgesamt um 15 Prozent gestiegen, die Fahrten in Autos gingen im gleichen Zeitraum um zehn Prozent zurück - vor allem wochentags am Morgen und Abend, wenn die Straßen besonders voll sind, berichtete das US-Magazin Fast Company. Das entlastet nicht nur Straßen und Umwelt, sondern auch die Kassen von Uber, denn der Chauffeur als großer Kostenfaktor entfällt.

„Besser, Du kannibalisierst Dich selbst, als dass es jemand anderes tut“, sagte Khosrowshahi zum Rückgang der Buchungen des Mitfahrdienstes und dem rasanten Zuwachs der E-Bike-Buchungen. Inzwischen bietet Uber sein Leihrad in zehn US-Städten an, in San Francisco wurde die Zahl der Räder gerade von 250 auf 500 erhöht. Die Räder, die zwei Dollar innerhalb der ersten halben Stunde kosten und danach sieben Cent pro Minute, werden zwischen sieben bis zehn Mal pro Tag genutzt. Uber ist auch in das boomende Geschäft mit elektrischen Tretrollern eingestiegen.

Wie sich der Konzern beim Kampf um die besten Mobilitätslösungen schlägt, wird auch beim anstehenden Börsengang eine Rolle spielen. Das Rennen um die Vorherrschaft im Berliner Leihrad-Markt beobachtet Uber vorerst vom Straßenrand.