Auf den Steinen liegt die Sonne. Der Solarbelag von Solmove soll Straßen zu Kraftwerken machen. Foto: solmove

Die Zukunft der Stadt liegt auf der Straße

In Berlin diskutierten Startups und Stadtplaner, wie Technologie unsere Metropolen lebenswerter und demokratischer machen kann. Barcelona empfiehlt: Beteiligt die Bürger!

Fast zehn Prozent der gesamten Fläche Berlins sind Straße. Hinzu kommen Parkplätze, Einfahrten, Rollbahnen. „Bisher haben Straßen allerdings nur eine einzige Funktion“, sagt Till Nadolny von der Solmove GmbH, „man kann darauf fahren“. Platzverschwendung, findet er. Seine Firma hat da eine andere Idee: Strom produzieren. Sie haben Solarzellen entwickelt, die man einfach auf den bestehenden Straßenbelag auftragen kann – bruchsicher, haftend und beheizbar, damit im Winter nicht geräumt werden muss. 25 Prozent aller Straßen in Deutschland wären für den Belag geeignet, sagt Nadolny. Würde man das umsetzen, könnten damit über 30 Millionen Elektroautos vollständig versorgt werden.

Und die Sonnenstraßen würden noch ein anderes Grundproblem der Kommunen lösen: Straßen würden nicht nur Geld kosten, sondern welches einbringen. Zusätzlich können problemlos zusätzliche Sensoren in den Straßenbelag verbaut werden. Damit könnte live gemessen werden, wie viele Autos mit welcher Geschwindigkeit unterwegs sind. Ob und wie die Technik funktioniert, wird sich im Frühjahr zeigen: Dann soll in Erftstadt bei Köln zum ersten Mal der Solarasphalt verlegt werden. Auch ein größeres Projekt in China wird schon geplant.

Die effiziente Stadt als Rettung

Seinen Vortrag hält Nadolny auf einer Konferenz in Berlin Mitte vor einigen hundert Stadtplanern, Unternehmern und Verwaltungsmitarbeitern. Creating Urban Tech heißt die Veranstaltung. Es geht um die „Smart City“, die digitale Stadt der Zukunft, dem neuen Ideal der Stadtverwaltungen der Großstädte. Die Idee: Wenn Straßen, Gebäude, Laternen oder Menschen ständig die Stadt vermessen, werden effizientere Planungen möglich. Laternen könnten nur leuchten, wenn jemand drunter entlangläuft, Busse nur fahren, wenn auch Fahrgäste da sind, Gebäude nur geheizt werden, wenn jemand sich darin aufhält. Diese Ideen sollen nicht nur die Lebensqualität in Städten steigern und Verkehr mildern. „Ohne Smart-City-Technologien werden Städte schlichtweg nicht in der Lage sein, die massiven Herausforderungen wie Klimawandel und den demografischen Wandel zu bewältigen“, mahnt Elke Pahl-Weber, Professorin für Stadtplanung an der TU Berlin das Publikum.

Neben den Solarstraßen gibt es dafür an dem Tag noch viele gute Ideen von anwesenden Firmen: moosbedeckte Aufstellwände beispielsweise, die die Luft messen und durch die Moose filtern. Oder ein Fahrrad, das seinen Fahrer beim Antreten nach der Ampel elektrisch unterstützt.

Was wollt ihr eigentlich?

Bei all den technischen Lösungen für die Smart City sei es aber wichtig, erst die tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung festzustellen und dann die richtigen Lösungen dafür zu nutzen – nicht umgekehrt. Am drastischsten formulierte das Francesca Bria, Chief Technology and Digital Innovation Officer für die Stadt Barcelona. „Die europäischen Demokratien haben derzeit große Legitimationsprobleme“, sagt sie. Der einzige Weg, das zu lösen, sei aber mehr Demokratie, nicht weniger. Gerade Stadtverwaltungen hätten hier eine Schlüsselfunktion.

Dafür müsste Digitalisierung als Aller- erstes genutzt werden: herausfinden, was die Bürger eigentlich wollen, welche Probleme sie im Stadtalltag sehen. Und dann so viele von den Problemen lösen wie möglich. Um das besser zu erreichen, stellt Barcelona seine öffentlichen Ausgaben komplett ins Netz – und lässt die Bürger mit darüber diskutieren, wie sie ausgegeben werden. Auch die Digitalstrategie der Stadt wird von Tausenden mitdiskutiert. Die Beteiligung sei notwendig, um das Vertrauen der Bewohner zurück- zugewinnen, sagt Bria. Besonders wichtig wird das, wenn es darum geht, dass die Stadtverwaltungen zunehmend mehr Daten über ihre Bürger nutzen wollen, um besser planen zu können. „Aber natürlich gehören die Daten über die Bürger den Bürgern selbst“, sagt Bria. Deswegen soll langfristig jeder, der einwilligt, Daten über sein Verhalten in der Stadt mit der Verwaltung zu teilen, genau einsehen können, wie sie von wem genutzt werden. Und Barcelona hat es zur Bedingung bei öffentlichen Ausschreibungen gemacht, dass stets die Stadt die Hoheit über alle erhobenen Daten behält.

Glasfaser für alle!

All die Daten der klugen Stadt brauchen aber natürlich erst einmal die nötige Infrastruktur: Glasfaserkabel. Und weil das die Grundvoraussetzung für die Stadt der Zukunft sei, hat die Stadt Barcelona etwas Konsequentes getan und ein stadteigenes Glasfasernetz aufgebaut. 500 Kilometer sind schon verlegt. Auf die Frage, welche Tipps Barcelona für Berlin hat, sagt Bria: „Mehr Digitale Strukturen in der Verwaltung aufbauen. Vor allem aber, die Bürger mehr fragen.“