Virtuelle Realität in Kaufhäusern? Das könnte bald Realität werden. Foto: Britta Pedersen/dpa

Berlin will die Mode digitalisieren

Wandern wir bald virtuell durch Kaufhäuser? Startups wollen die klassische Modewelt revolutionieren - auch im Bereich der Dienstleistungen.

Gemütlich auf dem Sofa sitzen und gleichzeitig mitten auf dem Gletscher die neuste Ski-Mode bestaunen – in Anna Rojahns Vorstellung sollte das bald möglich sein. Ihr Start-up Fast Forward Imaging erstellt 360-Grad-Fotografien von Produkten. „Virtual Reality ermöglicht es mir, den Kunden dahin zu bringen, wo ich ihn mir vorstelle“, sagt sie. Ihre 360-Grad Fotografien bieten die Grundlage dafür, sagt Rojahn. Bald könnten Modeunternehmen komplett virtuelle Shoppingwelten erschaffen. Zalando gehört schon jetzt zu ihren Kunden.

Rundumschuss. So sieht die Box aus, die automatisierte Fotos erstellt. Foto: Fast Forward Imaging

Eigentlich wollte die 39-Jährige die klassische Produktfotografie optimieren. Bevor sie ihre Firma gründete, arbeitete sie selbst in einer Luxusgüterfirma und ärgerte sich, dass es keine brauchbaren Fotos der Produkte gab und die Fotos hinterher schwer veränderbar waren. Das soll Fast Forward Imaging leisten – und zwar automatisch, ohne Fotografen und aus allen Perspektiven. Eine spezielle Lichttechnik beim Fotografieren sorgt dafür, dass sich der Hintergrund des Bildes entfernen lässt. So ist er variierbar – eine gute Voraussetzung für Virtual Reality.

Plattform vermittelt Modeljobs

Ob Wearables, 3-D-Druck oder Onlinehandel – die Vereinigung von Mode und digitaler Technologie beschäftigt in Berlin schon jetzt zahlreiche junge Firmen. Damit diese besser Anschluss an die traditionellen Modeunternehmen finden, hat sich die Fachgruppe mode+textil gegründet, eine Kooperation von Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie und Bundesverband Deutscher Start-ups. „Es fehlte ein Austausch zwischen konventionellen Unternehmen und den Neugründern“, sagt Falko Kremp, der Sprecher der Fachgruppe und Mitbegründer des Mode-Start-ups Inselberg.

Wie Fast Forward Imaging gehört Inselberg zu den Service-Start-ups der Fachgruppe. Von ihnen gibt es weniger in Berlin, verbreiteter sind Unternehmen, die Produkte vermarkten. Inselberg ist eine Art Jobvermittlung, nur auf den Modesektor spezialisiert. Die Plattform vermittelt Models an Kunden und umgekehrt. Den Kunden spart das Zeit. Und weil Kremp und seine Kollegen weniger Provision als klassische Modeagenturen berechnen, bringt es den Models mehr Geld.

Berlin entwickelt sich zur digitalen Modehauptstadt

Wie wichtig die Modebranche für Berlin ist, hat auch die Politik erkannt. Laut Senatsverwaltung für Wirtschaft investiert das Land jährlich bis zu einer Million Euro in modebezogene Formate. Jungunternehmer können außerdem über Mikrokredite der Innovationsbank Berlin (IBB) Gelder beantragen.

„Berlin ist die perfekte Stadt, in der Mode und Tech zusammentreffen“, findet Kremp. Jede der Start-up-Städte habe ihren Fokus. Das Valley sei Tech, London sei Finanzen. „Für Berlin könnte der Fokus sehr gut Mode werden“, sagt er. Das findet auch Rojahn: „In Mode und Technologie treffen zwei Gruppen aufeinander, die eine sehr unterschiedliche Sprache sprechen, aber in Berlin vermischen sie sich.“ Auf der Website ihres Unternehmens lässt sich die Zukunft erahnen. Dort kann man bereits virtuell durch eine Berliner Weinhandlung spazieren. Zum Wohle!