Neue Einsichten. Die Brille Oculus Rift verspricht den Durchbruch von Virtual Reality in den Massenmarkt. Foto: Promo

Brauch' ich eine Brille?

Bald ist sie da, die Brille, die unser Leben verändern soll. Aber ist Oculus Rift wirklich die große Revolution? Ein Vergleich mit der Einführung des iPhones.

Seit 2012 wird an ihr gearbeitet, das Datum der Markteinführung wurde schönefeldesk immer wieder in die Zukunft geschoben. Nun aber ist es soweit. Am 28. März ist die Consumer Version von Oculus Rift endlich erhältlich. Noch ein paar Mal schlafen. Dann Oculus Rift.

Es könnte die größte Neuerung seit Einführung des iPhones vor neun Jahren werden. Gamechanger. Zunächst erlaubt die „Virtual Reality“-Brille, in 30 verschiedene Spielewelten einzutauchen. Doch auch ernsthafte Anwenden sind geplant. Mark Zuckerberg, der Oculus Rift aufgekauft hat, verspricht Arzt- und Hochschulbesuche im virtuellen Raum. Natürlich gibt es kritische Stimmen. Da sind Experten, die behaupten, Oculus Rift brauche kein Mensch, Oculus Rift verschwinde bald wieder. Aber soll man das glauben?

Das iPhone? “Ein Nischenprodukt”

Kleiner Blick ins Archiv. Als 2007 das iPhone auf den Markt kam, hielten es viele Kenner für teuren Schnickschnack. Die „Süddeutsche Zeitung“ wählte das Gerät, noch bevor man es überhaupt kaufen konnte, auf Platz zwei der meistüberschätzten Produkte. Die „FAZ“ titelte: „Das iPhone bleibt ein Nischenprodukt“, und im „Spiegel“ unkte die US-amerikanische IT-Expertin Molly Wood, die Erfolgschancen des neuen Geräts seien doch eher gering: „Mir scheint, dass es technisch ein kompliziertes Gerät ist… Das Display nimmt praktisch die gesamte Oberfläche ein. Es könnte permanent mit Fingerabdrücken bedeckt sein, es könnte auch leicht zerbrechen.“ Der Fairness halber sollte an dieser Stelle auch eine blamable Fehleinschätzung des Tagesspiegels zitiert werden, allein: Es gibt sie nicht. Ehrenwort. Stattdessen viel Lob und fortschrittsgläubiges Staunen.

Aus heutiger Sicht klingt das putzig. Zum Beispiel: „Der eingebaute Bewegungssensor erwies sich im Test als praktisch. Dreht der Anwender das Gerät beim Anzeigen von Fotos oder Abspielen von Videos um 90 Grad, so wechselt die Darstellung auf dem Display automatisch vom Hoch- zum Querformat.“ Man kann sich kaum vorstellen, dass eine solche Banalität vor neun Jahren zwei ganze Sätze wert war. Wie selbstverständlich wird einem in neun Jahren wohl Oculus Rift erscheinen?

Droht Isolation?

Kritiker warnen, die Brille könne ihren Träger sozial isolieren. Auch das hat Tradition. Neue Technologien werden gern als Ursache oder zumindest Symptom gesellschaftlicher Fehlentwicklungen gedeutet. Als der „Spiegel“ im Juni 1981 über den Siegeszug des Walkmans berichtete, keilte er gegen eine „Generation, die sich offenbar auf Schritt und Tritt beschallen lassen will“. Und schrieb weiter: „Psychologen befürchten, dass bei dem einsiedlerischen Rückzug auf eine scheinbar von der Umwelt akustisch unverschmutzte Ohrenweide auch die letzten Reste zwischenmenschlicher Kommunikation absterben könnten.“

Wie es aussieht, hat der Walkman versagt. Weshalb auch immer ließ er allerletzte Fitzel zwischenmenschlicher Kommunikation am Leben. Wird Zeit, dass uns Oculus Rift den Rest gibt.