Avocados & Algorithmen
Selbstbedienung ist eigentlich ein altbekanntes Konzept, doch der Berliner Gastronom Heinz „Cookie“ Gindullis will den „Selfservice“ jetzt revolutionieren – und zwar in Berlins erstem Digitalrestaurant, das er Anfang November in den früheren Räumen des Pan Asia am Hackeschen Markt eröffnen wird.
Kellner gibt es hier keine, zumindest keine, die die Bestellung am Tisch aufnehmen und dann Essen und Getränke servieren. Sondern per App oder über die Website wählt der Gast aus, was er haben möchte, das geht auch von unterwegs. Zur gewünschten Uhrzeit wartet das Essen dann in einer der 20 Abholboxen, die in der Wand gleich neben der Küche eingelassen sind. Damit auch jeder das bekommt, was er bestellt hat, wird auf die Boxen der Name des Gastes projiziert, dazu ein persönliches Logo, das ein Algorithmus aus seinem Namen entworfen hat. Auch über die Boxen selbst ziehen sich grafische Muster, die sich immer wieder verändern und sich auf die Bestellung beziehen sollen. Die Software dafür kommt von SAP, der IT-Konzern hat das Konzept für die Data Kitchen zusammen mit Cookie entwickelt. Das Restaurant ist das Zentrum des Data Space, den SAP an der Rosenthaler Straße 38 ebenfalls Anfang November eröffnet.
Welches Essen in welche Box?
Das Unternehmen dürfte darauf setzen, dass der gut vernetzte Cookie die Kreativszene der Hauptstadt in den Data Space zieht. Das Logo des Konzerns soll allerdings nur dezent zu sehen sein. Zusammengebracht worden sind der Gastronom und SAP durch den Vermieter des Hauses, ein Jahr wurde an der Idee getüftelt. „Mich hat die Idee gereizt, alle Prozesse digital umzusetzen und dadurch ein neues Restauranterlebnis zu schaffen“, erklärt Cookie. Das soll sich auch in der Küche zeigen, wo die Köche auf großen Bildschirmen die jeweils neuen Bestellungen sehen und den Hinweis, welches Essen in welche Box gehört.
Neben dem Crackers und dem Cream erweitert Cookie mit der Data Kitchen sein Portfolio um ein drittes Restaurant – und um das erste, das nicht auf seinen Spitznamen anspielt. Dafür bringt er in der Data Kitchen zwei neue Trends zusammen: Einerseits bestellen immer mehr Menschen ihr Essen per App, das dann von Lieferdiensten wie Foodora oder Deliveroo aus dem Restaurant nach Hause gebracht wird. Andererseits gibt es wie mit der Kette Vapiano immer mehr Anbieter, die Selbstbedienung auf einem höheren Niveau anbieten wollen.
Data Kitchen will kein Vapiano sein
Wobei Cookies den Vergleich mit dem Vapiano gar nicht mag. Schließlich will er seinen Gästen in der Data Kitchen kein Fast Food servieren, sondern „frische, gesunde und regionale“ Speisen, zubereitet von Alexander Brosin, der jahrelang im Sternerestaurant Margaux von Michael Hoffmann gearbeitet hat und aus dessen Bäckerei Soluna auch das Brot für die Data Kitchen bezogen wird.
Neu ist bei dem Konzept eben, dass die Gäste jetzt das hochwertige Essen online vorab oder im Restaurant selbst per App bestellen und dann in stylischer Atmosphäre genießen können. Bezahlt wird inklusive Trinkgeld ebenfalls vorab über die App, wodurch ein bargeldloser Restaurantbesuch möglich wird. „Und weil die Gäste nicht ständig nach einem Kellner Ausschau halten müssen, haben sie viel mehr Zeit, sich auf ihre Gespräche zu konzentrieren“, erklärt Cookie den Vorteil, den die Selbstbedienung aus seiner Sicht hat.
Ganz auf Service verzichten müssten die Kunden nicht, so würden sie beispielsweise an der Tür begrüßt und zu einem freien Tisch begleitet. Kantinenatmosphäre wird in den hübsch eingerichteten Räumen ohnehin kaum aufkommen. Durch die großen Fensterfronten ist das Restaurant trotz Hinterhoflage hell, 60 Personen finden hier Platz, im Sommer dank der Außenterrasse noch mehr.
Geöffnet ist die Data Kitchen von neun bis 17 Uhr. Neben sechs festen Gerichten gibt es wechselnde Tagesgerichte. Auf der Frühstückskarte stehen beispielsweise Eier im Glas, Omelette und ein Avocadosandwich, mittags gibt es Kürbisrisotto, Couscous mit Gemüse, Teltower Rübchen und Wolowiner Rind.
Was aber machen die Gäste, die gerade kein Smartphone oder Handy parat haben? Verhungern müssen sie nicht, bei Bedarf nimmt der Restaurantleiter die Bestellung auf.