Leben retten per App. Ruth Nabembezi hat eine Aufklärungs-App gebaut. Foto: promo/Vodafone Stiftung

Berlins afrikanische Startup-Szene

In der Berliner Startup-Hochburg gibt es immer mehr Afrikaner, die hier ihre Ideen umsetzen. Große Unternehmen sind daran zunehmend interessiert.

Ruth Nabembezi hat etwas erfunden, das Tausenden das Leben retten kann: Eine Aufklärungs-App, die Aids-Infektionen vorbeugt. Der Haken: Nabembezi stammt aus Uganda, einem Land, dessen Regierung Aids tabuisiert. Trotzdem gelang der Gründerin der Durchbruch. Nicht etwa in Afrika, sondern in der Startup-Hochburg Berlin, die sich langsam als Karrieresprungbrett für afrikanische Gründer herauskristallisiert.

Seit drei Wochen lebt die 21-Jährige mit vier anderen Gründerinnen in einer Wohnanlage in Schöneberg. Ihr Alltag besteht aus Investorentreffen und Coachings, die sie ins „Big Business“ einführen sollen. Das ist Teil des Accelerator-Programms F-LANE des Vodafone Instituts, einem sechswöchigen Lernprogramm speziell für Frauen.

Fragen ist keine Schande

Nabembezis Motivation ist schnell erklärt. Sowohl ihre Eltern als auch ihre Schwester starben an Aids. Also beschloss Nabembezi, selbst etwas gegen das Problem zu unternehmen – und entwickelte die App „Ask without shame“. Die App beantwortet anonym Fragen rund um sexuell übertragbare Krankheiten, Schwangerschaft, Verhütung oder den eigenen Körper. Denn so etwas wie Aufklärung gibt es in ihrer afrikanischen Subsahara-Region nicht. Die App hat bereits 35.000 Nutzer. Für dieses Jahr steht die Queen of England in ihrem Terminkalender. Vor allem für afrikanische Gründer ist so viel Rückenwind alles andere als selbstverständlich. Die wenigsten europäischen Investoren wittern Profit, wenn es um Investitionen in Krisengebieten geht. Man ist skeptisch. Immer mehr von ihnen wird aber auch klar: Die zunehmende Technologisierung fördert einen afrikanischen Unternehmergeist, von dem Europa noch etwas lernen kann.

F-LANE ist nur ein Beispiel solcher Initiativen von Berliner Unternehmen für Afrikaner. Seit 2013 tourt der Venture Bus, eine Initiative der Berliner Organisation Ampion durch Afrika, wo Startups vor Investoren pitchen können. Und in der ReDI School in Berlin, einer gemeinnützigen Programmierschule, werden IT-affine Flüchtlinge zu Gründern von morgen ausgebildet. „In den vergangenen Jahren hat sich in Berlin eine afrikanische Startup Szene herausgebildet“, bemerkt Alice Steinbrück, Hauptinitiatorin des Vodafone Accelerators. Anders als beispielsweise in Tel Aviv oder London, ließe sich hier auch ohne riesiges Startkapital gründen. Gleichzeitig bietet Berlin die nötige Infrastruktur, an der es Entwicklungsländern fehlt.

Ganze Märkte umkrempeln

An klugen Köpfen mangelt es Afrika natürlich nicht. Zugang zu einem der wenigen Bildungsinstitute haben trotzdem die wenigsten, und selbst den Besten bleibt es nach ihrem Abschluss oft verwehrt, ihr Wissen anzuwenden. Die 10Academy, initiiert von der Beratungsfirma Infinite Potentials Consulting (IPC), will das ändern. 30 Hochschulabsolventen werden dort diesen Sommer ausgebildet. „Jeder von ihnen bekommt anschließend ein bezahltes Praktikum bei einem führenden Tech-Unternehmen angeboten“, sagt Arun Sharma, Gründer von IPC. Auch, weil ihre Projekte das Potenzial besäßen, ganze Märkte in Afrika umzukrempeln, seien Unternehmen aus der ganzen Welt an den Absolventen interessiert.

Daneben veranstaltet Arun in Berlin-Mitte das Meetup A Better Africa With Tech. Die afrikanischen „Builder“, wie er sie nennt, pitchen ihre Projekte vor Menschen, die wirtschaftliches Interesse an Afrika haben. Um neue Netzwerke zu schaffen. Aber auch einfach, um zu zeigen, wie viel da eigentlich passiert, in der wachsenden afrikanischen Startup-Szene in Berlin.