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Alle 135 Partnerstädte sehen Sie auf dieser Karte. Wenn Sie auf eine Markierung klicken, wird der Partnerbezirk angezeigt.

Berlin liegt am Meer

Die Berliner Bezirke haben 135 Partnerschaften zu Städten und Stadtbezirken in aller Welt. Einige davon liegen an ungewöhnlichen Orten.

Die zwölf Berliner Bezirke haben 135 Partnerschaften zu Städten oder zu Stadtbezirken. Diese Beziehungen haben eine lange Tradition: Besonders viele Städtepartnerschaften sind in den 1950er und 1960er Jahren entstanden.

Die ersten Partnerschaften stammen aus dem Jahr 1955. Dazu gehört die Partnerschaft zwischen Tempelhof-Schöneberg und dem Londoner Borough Barnet. Auch Neukölln schloss damals Partnerschaften zum Borough Hammersmith & Fulham in London, außerdem zu Zaanstad bei Amsterdam, Boulogne-Billancourt bei Paris und Anderlecht bei Brüssel.

Diese goldene Zeit ist vorbei. Zwar nahm noch 2015 Lichtenberg Partnerschaften mit dem 5. Bezirk in Wien (Margareten) und Hoàn Kiem von Hanoi, Vietnam, auf. Doch was bedeuten die Partnerschaften heute, außer den symbolischen Tafeln, die am Rathaus aufgestellt sind?

Solche Beziehungen sind aber nicht nur eine Sache des Wollens. Die Anzahl der Partnerstädte hängt von den Kapazitäten im Bezirk ab. Außerdem ist wichtig, dass beide wollen: Einige Bezirke beklagen, dass das Interesse in der jeweiligen Partnerstadt an gemeinsamen Projekten abgenommen hat oder der Bezirk Projekte aus Kostengründen streichen musste. Pankow hat beschlossen, sich nur auf zwei Partnerschaften zu konzentrieren: Kolberg in Polen und Ashkelon in Israel. Dagegen pflegt Charlottenburg-Wilmersdorf mit 21 die meisten Städtepartnerschaften.

Zu Mauerzeiten galten Partnerschaften zu westdeutschen Städten für West-Berliner Bezirke als „Brücke nach draußen“. Viele von diesen Brücken bestehen bis heute. Enge Verbindungen haben fast alle Bezirke zu Partnerstädten in Polen, Frankreich, der Türkei oder Israel.

Die weiteste Partnerschaft liegt fast 9000 Kilometer entfernt: Lichtenberg ist seit über 20 Jahren Partnerstadt des Bezirks KaMubukwana in Maputo, der Hauptstadt Mosambiks. Die erste deutsch-israelische Partnerschaft wurde 1970 zwischen dem Bezirk Tempelhof und der Küstenstadt Nahariya geschlossen. Kadiköy, der In-Bezirk in Istanbul, ist seit 1996 mit Kreuzberg verpartnert – eine klassische Gastarbeiter-Partnerstadt. Und der Bezirk Mitte hat gleiche mehrere Partnerstädte in Deutschland, unter anderem Bottrop.

Städtepartnerschaften leben von den Menschen, die sich darin engagieren: Schulklassen, Kita-Leiterinnen, Kleingärtner - sie schaffen aus dem Ideal der Partnerschaft eine reelle Beziehung. Am Beispiel dieser Partnerschaften zeigen wir, wie diese lebendig gehalten werden und welche Hindernisse es gibt.

Tempelhof-Nahariya

Nahariya war die erste israelische Stadt, mit der es einen Austausch zwischen deutschen und israelischen Jugendlichen gab.

Ganz Nahariya unterstützte damals den Jugendaustausch. 14 Kinder aus der nordisraelischen Stadt kamen 1973 nach Berlin. Es war der erste Austausch zwischen deutschen und israelischen Jugendlichen, entstanden aus der ersten deutsch-israelischen Partnerschaft, die 1970 zwischen Nahariya und Berlin-Tempelhof besiegelt wurde. Ely Oknin, heute 62, war damals dabei: „Es war eine Ehre, dafür ausgewählt zu werden“, sagt er. Mit 17 kam er aus dem Städtchen am Meer, 50.000 Einwohner, nur zehn Kilometer von der israelisch-libanesischen Grenze entfernt, in das aufregende Westberlin der Siebziger. Es gefiel ihm so gut, dass er 1989 zurückzog. Nun sitzt er im blauen Hemd und Stoppelbart auf einer sonnigen Terrasse. Die Koffer sind gepackt: nach 29 Jahren zieht Oknin zurück nach Nahariya.

“Wir wurden behandelt wie eine diplomatische Delegation”, erinnert er sich an den Jugendaustausch. Vier Wochen lang wurden die Jugendlichen auf den Austausch vorbereitet, durch Psychologen und Mitarbeitern des israelischen Außenministerium. Polizeiwagen begleiteten den Reisebus der Jugendgruppe. Es war schließlich erst ein Jahr seit dem Attentat auf die israelische Mannschaft bei der Olympiade in München vergangen. Berlin bedeutete für Oknin trotzdem Freiheit: “Hier war alles Disko”. In seiner Tempelhofer Gastfamilie fühlte er sich willkommen. Noch ein paar Jahrzehnte vorher waren die Gasteltern in der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädchen gewesen. Aber der Besuch zeigte: Kommunikation und Austausch war möglich. “Sie nahmen mich sehr gastfreundlich auf” - mit seinem Gastbruder Siggi Kehrer ist Oknin heute noch befreundet.

“Ich wusste, ich will immer zurück nach Berlin”, sagt Oknin. Er verbrachte 1989 “das aufregendste Jahr seines Lebens” in Berlin, betrieb ein Restaurant und ein Reisebüro. Letzteres half bei vielen Jugendaustauschen der neun Bezirke, die Partnerstädte in Israel haben.

In Nahariya hat er sich eine kleine Wohnung mit Blick aufs Meer gekauft. Von dort aus will Oknin die Partnerschaft zwischen Tempelhof-Schöneberg und Nahariya aufwärmen und wieder einen Jugendaustausch einrichten. Wenn sich israelische und deutsche Schüler besuchten, sei das eine Lehre fürs ganze Leben.

Lichtenberg-KaMubukwana-Maputo

20.000 Arbeiter aus Mosambik lebten früher in der DDR.

Dürre und Hochwasser – Umweltkatastrophen kennt mittlerweile auch der Lichtenberger Kleingärtner. In Maputo, der Hauptstadt Mosambiks, sind die Kleinbauern aber besser auf Unwägbarkeiten vorbereitet, sagt Wolfgang Beyer. Maputo liegt an einer Bucht am Indischen Ozean und ist den Folgen des Klimawandels besonders stark ausgesetzt. Wolfgang Beyer ist im Bezirksverband Berlin-Lichtenberg der Gartenfreunde und Mitglied im Beirat, der sich um die Städtepartnerschaft mit KaMubukwana, dem längsten und westlichsten Bezirk Maputos kümmert. Alle zwei Jahre besucht eine Delegation aus Maputo Lichtenberg und auch den Kleingartenverein.

20.000 Vertragsarbeiter aus Mosambik lebten in der DDR, denn Maputo war - wie Ostberlin - einmal die Hauptstadt eines sozialistischen Staats. Das prägt die Dreimillionenstadt bis heute, wo sich verfallende Kolonialbauten mit schicken Hotels und ungeplanten Stadtvierteln mischen. Manche Besucher nennen Maputo das Havanna im Süden Afrikas. Viele Mosambikaner mussten nach der Wende Deutschland verlassen, zurück in ein Land mit Bürgerkrieg und Diktatur.

In der Bezirksbürgermeisterin Lichtenbergs, Christina Emmrich, wuchs die Idee, eine Partnerschaft zwischen den zwei Bezirken aufzubauen, mit entwicklungspolitischem Ansatz. Der Verein Solidaritätsdienst International (SODI) übernahm die Projektkoordination, von Brillenspenden über Praktika für mosambikanische Pfleger im Sana-Klinikum in Lichtenberg bis zu Besuchen im Kleingartenverein. “Man braucht immer neue Themen, sonst reizt sich das aus”, sagt SODI-Projektmanagerin Susanne Laudahn. Es brauche Menschen aus verschiedenen Kreisen, um eine Städtepartnerschaft am Leben zu halten. Aktuell vermittelt ein Umweltbildungsprogramm in verschiedenen Projekten Umweltbewusstsein in Maputo. Aber auch die Lichtenberger Kleingärtner konnten viel von den Mosambikanern lernen. “Sie machen noch aus Abfall etwas Nützliches”, sagt Beyer über den Alltag in Maputo. “Das fehlt in unserer Konsumgesellschaft sehr.”

Alle Partnerstädte nach Bezirksverband

Hier können Sie sich alle Städte und Bezirke anzeigen lassen, mit denen die einzelnen Berliner Bezirke Partnerschaften geschlossen haben. Klicken Sie auf einen der Bezirke für die vollständige Liste!

Mitte-Bottrop

Bottrop liegt an der Panke. Zumindest ein Stückchen davon: Farbenfroh und grell ragt das „Haus Bottrop“ in der Schönwalder Straße im Wedding zwischen Bäumen und Büschen hervor. Die Räume dienen heute als Senioren- und Jugendzentrum, für den Austausch zwischen Generation – und zwischen dem Bezirk Mitte und seiner Partnerstadt Bottrop. Seit 1983 existiert die Partnerschaft, damals noch mit Wedding, seitdem kommen regelmäßig Gäste aus dem Ruhrpott im „Haus Bottrop“ unter.

Vor der Wende, in der „Krisenzeit“, war die Partnerschaft zwischen dem Inselbezirk Wedding und dem westdeutschen Bottrop „eine Brücke zum Rest des Westens“, sagt Egon Kutzera, Ehrenmitglied des Partnerschaftsvereins Wedding. „Man war von der DDR eingemauert, da war es eine ungeheure Hilfe und finanzielle Entlastung, dass ganze Schulklassen aus Wedding über den Sommer nach Bottrop fahren konnten.“ Die Kosten übernahm die Partnergemeinde. Kutzera gründete 1993 als CDU-Bezirksverordneter den Partnerschaftsverein und blieb 12 Jahre dessen Vorsitzender. Nach der Bezirksreform 2001, bei der Alt-Mitte, Tiergarten und Wedding zu Mitte zusammengelegt wurden, blieben die Partnerstädte aller drei Bezirke erhalten.

„Wir versuchen als Partnerschaftsverein jedes Jahr in mindestens eine Partnerstadt zu fahren, je nachdem, wie viele Gelder vom Bezirksamt Mitte fließen”. In den Anfängen haben die Vereinsmitglieder die Reisen in Partnerstädte, etwa nach Japan und Israel, noch selber finanziert. Das zeigte, wie sehr die Menschen damals hinter den Partnerschaften standen, sagt Kutzera. Doch diese Überzeugung wurde nicht immer von jeder Seite erwidert: „Eine negative Erfahrung hat uns damals sehr betrübt. Nämlich als Weddings ehemalige Partnerstadt Mettmann nach der Wiedervereinigung die Partnerschaft beendet hat, weil sie keinen Bedarf mehr am Austausch und weiterem Brückenschlagen hatte“, schildert Kutzera ernst, fügt aber hinzu: „Das war aber auch die Einzige“.

Kreuzberg-Kadiköy

Wäre Kadiköy nicht sozialdemokratisch regiert, wäre die Partnerschaft zu Kreuzberg wahrscheinlich nicht möglich. Der Bezirk der türkischen Metropole Istanbul, auf der asiatischen Seite am Bosporus gelegen, wählt seit 29 Jahren durchgängig Bürgermeister sozialdemokratischer Parteien. Kadiköy gilt als links, progressiv und weltoffen. In den schmalen Gässchen des Hafenbezirks sind die meisten Cafés und Bars der Stadt zu finden. Tagsüber spielt sich das quirlige Leben in Parks und auf Märkten ab, die nächtliche Clubszene taugt mittlerweile als Exportschlager: Der Kadiköyer Club arkaoda hat seit Beginn des Jahres einen Ableger in Berlin. Man fühlt sich frei in diesem Stadtteil Istanbuls, ähnlich wie im linken Kreuzberg.

Auf Initiative türkischstämmiger Bezirksverordneter in Kreuzberg wurde die Partnerschaft 1996 gegründet. Gegenseitiges Interesse bestand schon wegen des hohen Anteils türkischer und türkischstämmiger Bevölkerung aus Gastarbeiterfamilien in Kreuzberg, das führt zu hohem Engagement im Partnerschaftsverein. Seit dem gescheiterten Putschversuch gegen Erdogan ist die Lage in Oppositionshochburg Kadiköy angespannt, was die Partnerschaft zu Kreuzberg aber nicht beeinträchtigt. „Der Kontakt ist eher enger geworden“, sagt Christiane Zieger-Ayanoğlu, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins.

Mehr Kreuzberger wollen sich jetzt für die Partnerschaft engagieren. Nurgün Karhan und Ilka Wagner, Leiterinnen der deutsch-türkischen Europa-Kita in der Oranienstraße, initiierten 2013 einen Austausch mit einer Kadiköyer Kita. Es gab schon drei gegenseitige Besuche, doch wegen strenger behördlicher Vorgaben bei der Erziehung in Istanbul ist unklar, ob sich eine fest verankerte Partnerschaft entwickeln kann: “ Wir haben erfahren, dass die Erzieherinnen in der Türkei unter großem Druck stehen. Die ministeriellen, pädagogischen Richtlinien und die Erwartungshaltung der Eltern sind immens”, bedauert Wagner. “Wir sind sehr viel freier. Das soll aber nicht dazu führen, dass die Beziehung einseitig wird: Wir möchten auch etwas von der anderen Seite lernen und nicht den Kadiköyer Erziehern zeigen, wie es geht.”

Die Erzieherinnen bemerkten zudem große Ungleichheiten im Bildungszugang, die Unterschiede zwischen Arm und Reich seien dort viel größer. Kadiköy sei trotz Coolness-Faktors wohlhabend bürgerlich und weniger durchmischt als Kreuzberg. Auch die Multikulturalität, die viele an Kreuzberg schätzen, suche man in Kadiköy vergeblich.