In den vergangenen vier Jahren trafen mehr als 19.000 Luftangriffe das Land Jemen. Die Grafik zeigt, wie viele Angriffe es an den einzelnen Tagen gab - je intensiver die Farbe, desto mehr Angriffe gab es. Screenshot Tagesspiegel von »Death from above« (Al Jazeera)

Datenspiegel #12: Der Sound der Bomben

Die Militärintervention in Jemen jährt sich zum vierten Mal. Weltweit bleiben Flugzeuge des Typs Boeing 737 am Boden. In Afrika stellt ein Citizien-Science-Projekt Sensoren in Städten auf. Und in Berlin und Brandenburg dreht sich alles ums Klima.

Überall auf der Welt versuchen Medien, mit Datenanalysen, Infografiken und Crossmedia-Geschichten, den Journalismus weiterzudenken. An dieser Stelle sammelt das Team des Tagesspiegel Innovation Lab seine Lieblingsgeschichten – jede Woche. Diesmal mit internationalen Stories von Teams aus Hong Kong, Afrika und der arabischen Halbinsel. Außerdem: neue Analysen zum Klimawandel in Berlin und Brandenburg.

Death from above

Wer auf der Suche nach interessanten interaktiven und innovativen Geschichten ist, sollte einmal beim Interaktiv-Team des arabischen Fernsehsenders Al Jazeera vorbeischauen. In ihrer neusten Veröffentlichung zum 4. Jahrestag der Militärintervention in Jemen haben sie versucht, die Luftangriffe per Sound zu illustrieren. Zunächst erklären sie die Hintergründe: Wie ist das Land in die verschiedenen Parteien gespalten? Dann werden die über 19.000 Flugangriffe sowohl grafisch als auch per Soundslides dargestellt. Die Auflistung nach Tagen gibt einen guten Überblick über die Entwicklungen, die Soundslides erzählen eine eigene Geschichte von den täglichen Angriffen, die mehr emotional ist. Man hört, wie stark und häufig an einigen Tagen die Bomben fielen. Die Daten stammen vom Jemen Data Project und sind öffentlich einsehbar. Gerade scheint es bei einigen datenbasierten Projekten den Drang zu geben, Sound zu integrieren. Was schön ist, ist nicht immer nötig. Auch hier ließen sich sicher Argumente dafür finden, dass eine Karte, die die Orte der Angriffe zeigt, eine bessere Darstellungsform gewesen wäre. Auf medium.com erklärt der Autor, warum sich das Team gegen eine Kartendarstellung entschied: Weil sich viele Angriffe auf bestimmte Gegenden konzentrieren, wäre diese Darstellung nicht geeignet gewesen, um die Anzahl der Angriffe über die Jahre zu vergleichen.

How every Boeing 737 MAX was grounded in five days

Immer mehr Fluggesellschaften und Flugsicherungsorganisationen entscheiden sich dafür, die Boeing 737 MAX am Boden zu lassen. Screenshot:Tsp

Die South China Morning Post hat immer wieder Preise für ihre herausragenden Infografiken gewonnen (unter anderem für diesen Text zur Rettung der zwölf Jungen aus einer Höhle in Thailand). Die neueste Veröffentlichung der größten englischsprachigen Tageszeitung Hongkongs handelt von den Vorfällen rund um die Boeing 737 MAX. Angesichts der Abstürze zweier Flugzeuge wurden in den folgenden Tagen über 300 Maschinen dieses Typs aus dem Verkehr gezogen. Anhand einer Timeline kann man stündlich verfolgen, wie die Luftfahrt auf die technischen Probleme des Flugzeugs reagierte. Nach einer Karte, die verrät, wo die Flugzeuge gelagert werden, erklärt der Autor mit Hilfe einer animierten Grafik, was an dem System nicht funktionierte. Schade, dass dieser sehr spannende Teil erst so weit unten zu finden ist. Außerdem interessant: Die Galerie aller Flugzeugtypen, die bisher aus dem Verkehr gezogen worden.

sensors.AFRICA

Die ersten Sensoren in Nairobi messen bereits. Screenshot:Tsp

Noch steht sensors.AFRICA ganz am Anfang. Gemeinsam mit den Bürgern verschiedener Städte in Afrika wollen sie mit Hilfe von Sensoren Daten zur Luft- und Wasserverschmutzung sowie zum Lärm in den Städten sammeln. Erste Ergebnisse zu Luftverschmutzung in einigen Städten wie etwa in Nairobi gibt es bereits, der Aufruf zu Messungen der Wasserqualität soll bald folgen. Das Citizien-Science-Projekt hat ein ehrgeiziges Ziel, zeigt aber jetzt schon mit seinem Onlineauftritt, wie viel Potential dahintersteckt. Hier lassen sich nicht nur die ersten Messdaten finden, sondern auch Grafiken und Statistiken zu Fakten rund um das Gesundheitsrisiko. Ein anderes Kapitel erklärt, wie der Sensor funktioniert. Zudem berichten kürzere Artikel über die bereits angebrachten Sensoren. Über API-Datenschnittstellen kann jeder die gemessenen Daten abrufen. Wenn bei diesem ambitionierten Projekt alles klappt, könnten die gesammelten Daten maßgeblich zur Debatte um Gesundheitsvorsorge in Städten beitragen.

Klimawandel: Das erwartet Berlin und Brandenburg bis 2100

Es könnte in Zukunft heiß werden in Berlin und Brandenburg. Screenshot:Tsp

Zu guter Letzt noch ein Blick in die eigene Stadt: rbb24 hat eine neue Datenauswertung veröffentlicht, in der Klimaentwicklung der kommenden 80 Jahre dargestellt wird – und zwar in zwei Szenarien. Entweder bemühen sich die Menschen um mehr Klimaschutz und die Treibhausemissionen sinken oder es bleibt alles beim Alten. Die spannende Erkenntnis: Noch ist nicht alles verloren. Entscheiden wir uns jetzt und schnell für mehr Klimaschutz, lassen sich viele Entwicklungen stoppen, wie etwa die Hitzetage, also Tage, an denen die Temperatur über 30 Grad liegt. Ohne Klimaschutzmaßnahmen gäbe es zwischen 2071 und 2100 28,5 Hitzetage. Reduziert man ab jetzt den Ausstoß von Treibhausgasen, wären es nur 10,3 Tage. Die Daten kommen vom Deutschen Wetterdienst und vom Brandenburgischen Landesamt für Umwelt. Zu den Berechnungen und Modellen gibt es einen eigenen Artikel, der die Methode ausführlich erklärt. Die Grafiken sind leicht verständlich. Nicht ganz so schön ist der Hinweis auf den Button zum Umschalten der Szenarien. Die Anweisung (Bitte Button klicken) steht mehrfach im Fließtext.