Mit diesen internationalen Coronavirus-Artikeln verstehen wir, was auf uns zukommt
Zwei Wochen haben die meisten von uns jetzt mit Einschränkungen gelebt, wie wir sie uns noch vor einem Monat nie hätten vorstellen können. Freunde treffen, U-Bahn fahren, in den Urlaub oder ins Büro fahren – auf einmal sind normale Aktivitäten zur Ausnahme geworden. Aber wie soll der Kampf gegen das Virus weitergehen? Diese neuen Datenanalysen aus aller Welt helfen, die Situation besser zu verstehen.
Wo derzeit die Fallzahlen in die Höhe schnellen
Innerhalb weniger Tage sind die USA auf der Liste der bestätigten Coronavirus-Fälle auf Platz eins vorgerückt. Aber die Situation ist je nach Bundesstaat sehr unterschiedlich. In New York verdoppeln sich die Todesfälle alle zwei Tage, im Staat Washington nur alle sieben, wie die New York Times hier zeigt.
Für die deutschen Bundesländer hat Zeit Online die Verdopplungszeiten der absoluten Infiziertenzahlen. Der Tagesspiegel zeigt diese Ausbreitungsgeschwindigkeiten weltweit in Tabellenform immer hier und für Bundesländer hier.
Bei manchen Grafiken muss man ein zweites Mal hinschauen, weil die Zahlen inzwischen so extrem sind. So ist es auch bei diesen Darstellungen der New York Times, die zeigen, wie die Arbeitslosigkeit in den USA seit Beginn der Corona-Krise stieg explodiert ist. Fast 3,3 Millionen Menschen meldeten sich in einer Woche arbeitslos – die Finanzkrise war nichts dagegen.
In einem beeindruckenden Stück erklärt die NYT-Redaktion, wie und wohin sich das Virus von Wuhan aus verbreitete. Bis die Reisen aus der Stadt untersagt wurden, sind nämlich viele Tage vergangen.
Der Tagesspiegel zeigte diese Ausbreitung weniger spektakulär, jedoch schon einen Monat zuvor, in diesem Stück.
In New York könnte es schlimmer werden als in Wuhan
Bei der NYT kann man außerdem mit einem Slider in Zeitraffer nachvollziehen, wie sich jeder einzelne Tag Ausgangsbeschränkung weniger auf die Pandemie auswirken könnte. Eine Woche würde in den USA demnach von Januar bis Oktober 1,4 Millionen Tote zur Folge haben. Bei drei Wochen Beschränkung wären es im selben Zeitraum etwa 400.000 weniger.
In einer weit dramatischeren Analyse zeigt die NYT außerdem, dass sich US-Städte schlimmer als die chinesische Großstadt Wuhan entwickeln, in der das Virus ursprünglich ausgebrochen ist. Weil die Fallzuwächse derzeit in New York City oder Detroit höher sind als in Wuhan, sieht es für die Städte schlecht aus. Positivbeispiele: Die Westküsten-Metropolen Seattle und San Francisco haben es geschafft, die Zuwächse kleiner als in der chinesischen Stadt zu halten.
Trump profitiert von der Krise
Wie FiveThirtyEight ausgewertet hat, zeigt sich für US-Präsident Donald Trump ein Bonus bei den Beliebtheitswerten seit der Krise. Wenn sich der Trend fortsetzt, könnte der US-Präsident zum ersten Mal seit Beginn seiner Amtszeit wieder eine höhere Zustimmungs- als Ablehnungsrate bekommen. Aktuell ist die Ablehnung noch vier Prozent höher. Für Ablenkung in Zeiten der Quarantäne sorgt dieses Trump-Corona-Quiz der New York Times.
In den USA gab es auch eine parteipolitische Deutung der Pandemie: Das Virus betreffe stärker demokratische Staaten, hieß es auf manchen Webseiten. FiveThirtyEight hat diese Deutung geprüft. Zwar sind die Zahlen derzeit tatsächlich höher, wenn man demokratische „Blue States“ betrachtet. In republikanischen „Red States“ steigen sie aber schneller an.
Wie viel wird getestet?
Akribisch sammelt das amerikanische Covid Tracking Project nicht nur die bestätigten Fallzahlen, sondern auch die Anzahl der Tests für die USA. Politico erfasst mithilfe des Datenbank-Projekts für alle US-Staaten die Gesamtzahl der Tests. In viele US-Staaten schnellt die Testfrequenz nach oben – aber noch immer sind es zu wenige.
Die genauen Testanzahlen sind für Deutschland sind derweil weiterhin unklar – ein massives Problem für viele Datenanalysen. Für viele andere Staaten finden sich Zahlen zu den Virustests bei Our World in Data – leider unvollständig und nicht aktuell.
Immerhin kommen aus dem Südwesten Deutschlands kommen derweil gute Nachrichten: In den Analysen des SWR entwickeln sich die Anzahlen der positiv Getesteten langsamer als eine prognostizierte exponentielle Kurve.
In der Lombardei ist es schon schlimmer als in Hubei
Die Lombardei hat sich zum Hotspot der Corona-Pandemie weltweit entwickelt. Dort stirbt etwa alle dreieinhalb Minuten ein mit Sars-CoV-2 infizierter Mensch. Von Reuters kommt eine übersichtliche Darstellung der Situation dort, in der man sieht, dass in der Lombardei an einem Wochenende mehr Menschen starben als in Frankreich, den USA und dem Iran zusammen. Außerdem bietet die Nachrichtenagentur einen guten Überblick, welche Beschränkungen es in den einzelnen Ländern Europas gibt.
Aus der chinesischen Provinz Hubei wurden die ersten Fälle von Covid-19 gemeldet. Wieso hören wir kaum noch etwas von dort? Die South China Morning Post zeigt, wie sich Zahlenverhältnisse umgekehrt haben. Während die Fallzahlen in Italien oder Spanien nach oben schnellen, sind sie in China annähernd zum Stillstand gekommen. Zumindest den offiziellen Angaben zufolge. Misstrauen ist angebracht, wie die Reporter*innen Qin Liwen und Marcel Grzanna etwa in diesem Podcast berichten.
Schön gemacht ist auch das Erklärstück zu den verschiedenen Typen von Coronaviren bei den Kolleg*innen aus Hong Kong.
Smartphone-Überwachung oder doch lieber sinnvolle Maßnahmen
Zuletzt wurde diskutiert, mithilfe von Mobilfunkanbieterdaten zu tracken, wie nah wir Corona-Infizierten gekommen sind. Warum das schlecht das mithilfe von reinen Funkzellendaten funktioniert, hat der Datenjournalist Haluka Maier-Borst für den RBB illustriert. Das Ergebnis: Reine Analysen auf Basis von Funkzellendaten, wie sie mit den Daten der Mobilfunkanbieter möglich wären, sind zweifelhaft in ihrer Genauigkeit. Die Angabe könnte um bis zu 100 Meter von der Realität abweichen.
Sinnvolle Ausbreitungssimulationen oder Warnungen mithilfe des Smartphones wären allerdings durchaus möglich, wie der Artikel beschreibt. Dazu wären aber Bluetooth-Signale aus den Smartphones wesentlich nützlicher. Damit ließe sich gleichzeitig auch das Privatsphäre-Problem lösen: Denn Nutzer*innen müssten explizit zustimmen, dass ihre Bewegungsdaten genutzt werden dürfen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Den besten aktuellen Überblick über die Debatte um Tracking in Zeiten von Corona liefert übrigens schon seit Tagen Netzpolitik.org.
Papier statt Bier
Besonders sichtbar ist der Ausnahmezustand in Deutschland auch in den Supermarktregalen. Jedenfalls dann, wenn man Klopapier sucht und es nicht findet. Der MDR hat Daten des Statistischen Bundesamtes aufbereitet, die zeigen, wie die Nachfrage danach explodierte. Anders sieht es etwa beim Bier aus: Davon wurde etwas weniger verkauft als im Vergleichszeitraum August 2019 bis Januar 2020.
Ja, tatsächlich, die Leute kauften zuletzt drei Packungen von dem weißen Gold, wo sie vor einem halben Jahr nur eine kauften. Diese Seite des Ausnahmezustands haben wir selbst verursacht. Mit ein bisschen Zurückhaltung kann sie aber auch schon sehr bald vorbei sein. Fun fact: die URL shoptoiletpaper.com führt zu einem italienischen Fotomagazin. Den vermutlich steil steigenden Traffic nutzen die Macher, um das italienische Gesundheitssystem zu unterstützen. Bravo!
Noch mehr spannende Stories:
Den Corona-Verbreitungs-Simulator der Washington Post gibt es jetzt auch gratis auf Deutsch.
Einschränkungen des Grenzverkehrs in Europa gibt es in einem hässlichen aber spannenden Überblick von Frontex.
Landkreis-Fallzahlen bunt aufbereitet liefert das Geodaten-Analyse-Unternehmen Orbica.
Internationale Fallzahlen gibt es noch mal leicht neu beim Guardian – und natürlich weiterhin beim Tagesspiegel.
Alle interaktiven Tagesspiegel-Artikel zum Coronavirus
Alle neuesten Zahlen in Deutschland nach Landkreisen gibt es in unserer Übersichtskarte nach Landkreisen.
Alle neuesten Zahlen und zahlreiche automatische Grafiken gibt es in unserem Echtzeit-Artikel zu SARS-CoV-2.
Wann das Virus welche Länder erreicht hat sehen Sie auf unserer interaktiven Weltkarte.
Wie sich das neue Coronavirus am Anfang von Wuhan in China aus verbreitet hat, und welche Faktoren die Verbreitung begünstigt haben, können Sie auf Multimedia-Karten erkunden.
Alle aktuellen Nachrichten und Reaktionen zum Coronavirus SARS-CoV-2 gibt es immer aktuell im Tagesspiegel News-Blog zum Coronavirus
Die aktuellsten News zum Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin werden kontinuierlich in unserem Newsblog für Berlin gemeldet.