Mit unterschiedlichsten Grafiken versuchen Medien, das Coronavirus besser zu beschreiben. Bild: Collage aus Grafiken von New York Times, Washington Post, South Cina Morning Post, Zeit Online, Neue Züricher Zeitung, Tagesspiegel und Medium.com

Die besten Erklärstücke zum Coronavirus weltweit

Mithilfe von Infografiken, Karten und Datenanalysen machen Medien das neue Virus SARS-CoV-2 verständlich – und ziehen wichtige Schlussfolgerungen für Politik und Gesellschaft.

Es ist wahrscheinlich die erste globale Gesundheitskrise, die sich in einem solchen Ausmaß und so rasant verbreiten konnte. Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 ist ein Phänomen, das erst durch die extreme globale Vernetzung der letzten Jahrzehnte in dieser Geschwindigkeit möglich ist. Und es ist das erste Mal, dass eine solche Ausbreitung nahezu in Echtzeit beobachtbar ist – weltweit. Viele Berichte von Behörden und Gesundheitsinstitutionen sind heute stärker digitalisiert. Und wegen der nahezu allgegenwärtigen Verfügbarkeit des Internets über Smartphones kann erstmals die Mehrheit der Menschheit diese Daten ebenfalls beobachten.

Weltweit nutzen Journalistinnen und Journalisten diese Möglichkeiten für beeindruckende Geschichten, um die Ausbreitung des Virus verständlich zu machen – zugänglich, anschaulich und oft automatisiert. Wir haben die besten Stories aus verschiedenen Ländern für Sie zusammengetragen.

Wie sich Viren verbreiten – und wie Gegenmaßnahmen funktionieren

Wie breitet sich ein Virus aus? Und was hilft dagegen? Screenshot: Tagesspiegel von einer Simulation der Washington Post

Die wahrscheinlich beste Darstellung dazu, wie sich Viren zwischen den Menschen verbreiten, hat die Washington Post geschaffen. Anhand eines fiktiven Virus namens “simulitis” zeigen Grafiken, wie sich ein Virus dadurch ausbreitet, wenn Menschen sich eben wie Menschen verhalten: Sie bewegen sich und sie interagieren miteinander. Durch verschiedene Simulationen werden dann verschiedene mögliche Eindämmungsmaßnahmen diskutiert und anschaulich gemacht.

Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass es effektiver sein kann, mit moderaten Anstrengungen Sozialkontakte und Mobilität zu vermeiden als zwangsweise Quarantänen zu verordnen. Vor allem deshalb, weil eine verhängte Quarantäne dennoch nicht verhindern kann, dass manche Interaktionen weiterhin geschehen – sei es, um Menschen mit Nahrung zu versorgen, oder durch Menschen, die sich der Quarantäne widersetzen. Eine sehr empfehlenswerte Lektüre.

Ein weiteres hervorragendes Stück der Washington Post zeigt visuell anhand verschiedener wissenschaftlicher Simulationen, wie sich das Virus SARS-CoV-2 ausbreiten könnte – im Vergleich zu anderen Infektionskrankheiten.

Das Greifswalder Katapult Magazin hat eine der Kernaussagen der Washington Post aufgegriffen und fasst in einen Tweet zusammen, warum „Social Distancing” die Ausbreitung des Virus so stark verlangsamen kann.

Die Ausbreitung des Virus in Echtzeit

Eine Beispiel-Grafik aus dem Live-Artikel zum Coronavirus bei Tagesspiegel.de

Weil sich das neue Coronavirus überall sehr unterschiedlich stark und sehr unterschiedlich schnell verbreitet, gibt es eine Menge an Live-Grafiken zu SARS-CoV-2, wie es sie wohl noch nie zu einem Thema gab.

Wir beim Tagesspiegel zeigen bereits seit dem 29. Januar in vielen einzelnen Live-Grafiken in Artikeln zum Virus, wie sich die Zahl der Infizierten täglich verändert. Die wichtigsten aktuellen Zahlen für Deutschland, die einzelnen Bundesländer, Europa, und alle anderen Länder der Welt haben wir in einem Live-Artikel zusammengefasst, der kontinuierlich aktualisiert, überarbeitet und erweitert wird.

Die weltweite Ausbreitung des Virus im Zeitverlauf Screenshot: Tagesspiegel

Die Daten in den Grafiken werden automatisiert von Schnittstellen und anderen Websites abgerufen und regelmäßig aktualisiert. In einem weiteren Artikel zeigen wir auf einer Weltkarte immer aktuell die aktuelle Zahl der Infizierten in allen Ländern (siehe Screenshot oben) – inklusive Schieberegler, um zurückzuspringen und nachzuvollziehen, wo wann die ersten Fälle auftauchten.

Alle aktuell gemeldeten Fälle nach Landkreisen in Deutschland und Bundesländern zeigen wir auf einer interaktiven Deutschlandkarte.

Auch die Berliner Morgenpost hat einen Live-Artikel veröffentlicht. Bei den Kolleginnen und Kollegen liegt der Fokus darauf, die wichtigsten Informationen zu den Fallzahlen, Toten und Geheilten auf einer umschaltbaren Karte anzuzeigen.

Die Süddeutsche Zeitung fasst die wichtigsten neuen Zahlen ebenfalls in einem Artikel zusammen, der aus einzelnen kleinen Grafiken besteht.

In diesen Ländern sind die Gesundheitssysteme besonders empfindlich. Screenshot: Tagesspiegel von Neue Züricher Zeitung

Bei der Schweizer NZZ wurden die wichtigsten Fakten in einem Artikel aus Infografiken gesammelt, der sich auch aus aktuellen Daten speist. Besonders interessant hier ist eine Weltkarte, die anzeigt, in welchen Ländern die Gesundheitssysteme besonders schlecht auf eine solche Epidemie vorbereitet sein könnten.

Ein Forscher des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin hat einen guten Überblick über die Entwicklung der Fallzahlen nach deutschen Bundesländern gebaut. Ebenfalls eine gute Sammlung an Grafiken zu SARS-CoV-2 liefert der Blog des Datenvisualisierungstools Datawrapper.

So unterschiedlich breitet sich das Virus in verschiedenen Ländern aus

In diesen Teilen der USA gibt es bislang die meisten Fälle. Screenshot: Tagesspiegel von News York Times

Den besten Überblick über die Ausbreitung von Covid-19 in den USA liefert die New York Times, die ebenfalls einen Live-Artikel bespielt. Bei der Times gibt es außerdem einen sehr guten Überblick über die drei Länder, die außerhalb Chinas bislang am schwersten betroffen sind: Italien, Südkorea und der Iran.

Die umfangreichste Sammlung an Darstellungen der Live-Zahlen zum Ausbruch und zahlreiche spannende Infografiken finden sich nach wie vor bei der South China Morning Post, der wichtigsten Zeitung Hong Kongs. Eine weitere Live-Karte findet sich bei Channel News Asia. Hier werden in einem Newsfeed zusätzlich besonders aktuelle Entwicklungen gemeldet. Der Fokus auf Asien sorgt dafür, dass man nochmals andere Infos bekommt als über viele europäische oder amerikanische Webseiten.

Die Ausbreitungsgeschwindigkeiten des Virus SARS-CoV-2 in verschiedenen Ländern im Vergleich. Screenshot: Tagesspiegel von The Financial Times

Einen sehr analytischen Zugang zu der unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus in verschiedenen Ländern liefert das Team rund um den legendären Infografiker und Datenjournalist John Burn-Murdoch bei der Financial Times. Ein besonders beängstigendes Ergebnis seiner Analyse: Das Virus hat in Spanien und Italien bisher weit höhere Todesraten als in China.

Wer sich besonders für die Situation in Spanien interessiert, findet einen guten Überblick aller Live-Daten zu Spanien bei El Confidencial.

Die aktuellste Sammlung an lokalen Daten zu Corona in Deutschland liefert derzeit ein ehrenamtliches Projekt von Entwicklern auf der Webseite Coronavirus.jetzt. Denn im Gegensatz zu Italien gibt es in Deutschland bis heute keine offizielle Stelle, die alle Fälle mit genauen Ortsangaben wie Landkreis oder Stadt sammelt und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Das Projekt sammelt deshalb alle Meldungen lokaler Behörden und fasst sie zusammen. Leider wird bei dem Projekt nicht transparent gemacht, welche Menschen, Organisationen oder Stellen genau dahinterstecken. Es ist ein Skandal, dass es die deutschen Behörden es nicht hinbekommen, einen solchen Service selbst zur Verfügung zu stellen.

Die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland

In welchen Landkreisen sich das Virus bis zum 10. März am schnellsten ausgebreitet hat. Screenshot: Tagesspiegel von Zeit Online

Den detailliertesten Überblick zur Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Deutschland hat Zeit Online erarbeitet. Die Kolleginnen und Kollegen dort haben sich genauer angeschaut, in welchen Städten und Landkreisen die ersten Fälle in Deutschland auftauchten – und wo sich das Virus am stärksten verbreiten konnte. Stand 10. März gab es demnach schon in mehr als der Hälfte der deutschen Landkreise bestätigte Fälle. Am stärksten betroffen war bis dahin der Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen. Dort ist bisher unklar, bei wem sich die ersten beiden Infizierten angesteckt haben.

Der Grund, warum sich der Virus im Anschluss so schnell in Heinsberg verbreitete, ist recht simpel. Das infizierte Ehepaar nahm an einer Karnevalssitzung teil – zusammen mit 300 anderen Menschen. Die NZZ hat sich die Mühe gemacht, so viele dieser Übertragungen wie möglich nachzurecherchieren und stellt sie in etwas albernen, aber dennoch informativen Grafiken dar.

Warum es so schwer ist, die Gefahr des Coronavirus zu verstehen

Zwei grundsätzlich verschiedene Geschwindigkeiten, in der sich das Virus ausbreiten könnte im Vergleich. Screenshot: Tagesspiegel von Süddeutsche.de

Dass es uns so schwerfällt, die Gefahr von SARS-CoV-2 einzuschätzen, hat damit zu tun, dass sich das Virus exponentiell ausbreitet. Das ist die These eines fantastischen Stücks der Süddeutschen. Während sich Menschen gut vorstellen können, dass eine Zahl gleichmäßig – also linear – steigt, so das Argument, sind wir exponentielle Entwicklungen nicht gewohnt. Hier steigen die Zahlen erst langsam, dann aber immer schneller. Den Kolleginnen und Kollegen dort gelingt es, mithilfe von extrem schlichten Grafiken zu erklären, warum eine solche exponentielle Ausbreitung so dramatisch ist. “Die Wucht der großen Zahl” ist bisher mit Abstand eines der besten Stücke zu der weltweiten Krise.

Wer sich noch stärker für den wissenschaftlichen Hintergrund von exponentiellem Wachstum interessiert, wird bei dem Youtube Channel 3Blue1Brown fündig. Dort wurde folgendes Video zu Epidemien und exponentiellem Wachstum veröffentlicht. Danke an Steffen Prowe für den Tipp!

Die detaillierteste und fundierteste Datenanalyse zur Gefahr der weiteren Ausbreitung des Virus liefert bislang ein Artikel auf Medium.com, geschrieben von einem Ingenieur, der in Stanford studiert hat. Er rechnet vor, wie weit sich das Virus verbreiten könnte, warum in manchen Ländern die Sterblichkeitsrate so viel höher ist als in anderen – und welche Gegenmaßnahmen bislang besonders wirksam waren.

Warum es noch sehr schwer ist, tatsächlich abzuschätzen, wie tödlich das neue Virus ist, erzählt die New York Times durch visuelle Tricks sehr schön. Dort wird klar gemacht, dass es bislang sehr viele unklare Variablen gibt, die man jedoch kennen müsste, wenn man die genauen Risiken einschätzen will.

Lokale Schwerpunkte

Auch viele Lokalredaktionen in Deutschland leisten dieser Tage erstaunliche Arbeit und nutzen die Möglichkeiten von interaktiven Diagrammen und Karten.

Eine gute Übersicht für Baden-Württemberg liefern die Stutgarter Neuesten Nachrichten. Die Allgemeine Zeitung zeigt die neuesten Daten für Hessen und Rheinland-Pfalz. Und das neue Datenteam des MDR liefert eine Einordnung für Sachsen-Anhalt.

Weitere spannende Coronavirus-Stücke

Die größten Epidemien der Geschichte im Vergleich. Screenshot: Tagesspiegel von Visual Capitalist

Der Journalist Nicholas LePan hat sich die Mühe gemacht, die Geschichte der weltweiten Epidemien in den letzten zwei Jahrtausenden für Visual Capitalist in einer Infografik zusammenzufassen – eingeordnet nach der Zahl ihrer Todesopfer. Der Vergleich zeigt: Noch steht das Coronavirus beruhigend schlecht da, wenn man es an der Zahl seiner Opfer misst. Die Geschichte lehrt aber auch: Solche Epidemien können sehr lange dauern.

Eine Datenanalyse der Washington Post zeigt, dass schon jetzt die Luftverschmutzung in Italien deutlich abnimmt, weil weniger Verkehr auf den Straßen ist.

Eine sehr lustige Webseite haben drei Digitalkünstler aus den USA entwickelt. Mithilfe von Gesichtserkennung und maschinellem Lernen kann man dort üben, sich selbst nicht ins Gesicht zu fassen. Denn die Ansteckung mit Corona geschieht besonders häufig dadurch, dass man etwas anfasst, worauf das Virus liegt – und sich dann an Nase, Augen und Mund fasst. Es ist weit schwieriger als man denken könnte, das nicht zu tun.

Wie lange schafft ihr es, euch nicht ins Gesicht zu fassen? Hier der Autor dieses Textes beim Selbsttest. Spoiler: Es lief nicht gut... Screenshot von donottouchyourface.com/

Alle interaktiven Tagesspiegel-Artikel zum Coronavirus

Alle neuesten Zahlen in Deutschland nach Landkreisen gibt es in unserer Übersichtskarte nach Landkreisen.

Alle neuesten Zahlen und zahlreiche automatische Grafiken gibt es in unserem Echtzeit-Artikel zu SARS-CoV-2.

Wann das Virus welche Länder erreicht hat gibt es in Zeitraffer sehen Sie auf unserer interaktiven Weltkarte.

Wie sich das neue Coronavirus am Anfang von Wuhan in China aus verbreitet hat, und welche Faktoren die Verbreitung begünstigt haben, können Sie auf Multimedia-Karten erkunden.

Alle aktuellen Nachrichten und Reaktionen zum Coronavirus SARS-CoV-2 gibt es immer aktuell im Tagesspiegel News-Blog zum Coronavirus

Die aktuellsten News zum Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin werden kontinuierlich in unserem Newsblog für Berlin gemeldet.