Das Grafikteam von Reuters erklärt das Abstimmungssystem in Iowa mithilfe animierter Katzen. Screenshot: Tagesspiegel von Reuters

Datenspiegel #52: So funktionieren die US-Vorwahlen

Unterhaltsame Grafiken zeigen, wie das Rennen um die demokratische Kandidatur in den USA entschieden wird – und wie es ist, als Frau Wahlkampf zu machen.

Überall auf der Welt versuchen Medien, mit Datenanalysen, Infografiken und Crossmedia-Geschichten, den Journalismus weiterzudenken. An dieser Stelle sammelt das Team des Tagesspiegel Innovation Lab seine Lieblingsgeschichten – jede Woche. Dieses Mal mit Informationen zum Wuhan-Virus, der Rolle der britischen Presse beim Brexit, den Vorwahlen in Iowa und dem Geschlechterkampf im Wahlkampf.

US-Wahl: Es beginnt in Iowa

Im US-Bundesstaat Iowa starten heute die Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl 2020. Der Bundesstaat ist zwar mit 3,2 Millionen Einwohnern klein und stellt daher nur wenige Delegierte beim Parteitag der Demokraten im Juli. Dort wird dann endgültig entschieden, wer im November gegen Donald Trump antreten darf. Weil es der erste Staat ist, in dem die verschiedenen demokratischen Kandidaten in dem Vorwahlkampf um die demokratische Kandidatur kämpfen, gilt diese Vorwahl allerdings als besonders einflussreich.

Klingt kompliziert? Ist es auch. Und in Iowa wird es noch komplizierter. Dort werden jene Vorwahlen nicht durch einfache Wahlgänge zur Urne entschieden, sondern durch ein Verfahren, das sich „Caucus“ nennt. Das sind hunderte Versammlungen im ganzen Bundesstaat, bei denen die jeweiligen Parteimitglieder abstimmen. Die Kolleginnen und Kollegen bei Reuters Graphics erklären das komplizierte System so einfach wie möglich. Und zwar mithilfe animierter Katzen. Zum Erklärstück.

Die New York Times hat mithilfe automatisierter Telefonanrufe mehrere hundert Iowaner befragt. 15 davon wurden anschließend portraitiert. Sehr spannend, wenn man einen Einblick in die soziale Sphäre vor Ort bekommen will. In einer weiteren Erhebung im Rahmen des Nationscape Projekts, an dem die Times beteiligt ist, wurde analysiert, welche Prioritäten die Unterstützenden der verschiedenen demokratischen Kandidaten setzen. Besonders weit oben landet eine recht schlichte Wahlmotivation: Trump muss weg.

So viele Delegierte entsenden die verschiedenen US-Bundesstaaten im Vorwahlkampf. Die Größe der einzelnen Staaten in dieser Bloomberg-Grafik zeigt die Zahl der Deligierten. Screenshot: Tagesspiegel von Bloomberg

Wer den weiteren Verlauf der Vorwahlen verfolgen möchte, kann das besonders übersichtlich bei Bloomberg tun. Hier gibt es eine interessant gestaltete Infografik-Seite, auf der die Ergebnisse ab sofort regelmäßig dargestellt werden.

Die Frauen im US-Wahlkampf

Wie viele Frauen an der Politik beteiligt sind, ist je nach US-Bundesstaat sehr verschieden. Screenshot: Tagesspiegel von FiveThirtyEight

Wer die Wahl gewinnt, wird zur Hälfte von AmerikanerINNEN entschieden. Seit 100 Jahren dürfen Frauen in den USA wählen. Eine Präsidentin gab es trotzdem noch nie. Die Zahl der Frauen in hohen politischen Ämtern steigt allerdings – wenngleich sehr langsam. Die fantastische amerikanische Politik-Webseite FiveThirtyEight widmet sich dem Thema anlässlich der Präsidentschaftswahl in einer beeindruckenden Ausführlichkeit. In einer Datenanalyse zu allen einzelnen Bundesstaaten zeigt die Redaktion, welche Staaten am fortschrittlichsten sind – und wo die Männer noch besonders stark dominieren.

Die Journalistinnen und Journalisten gehen noch weiter und fragen nach den Ursachen. Um herauszufinden, was Frauen in den USA erleben, wenn sie für politische Ämter kandidieren, haben sie 97 einzelne Gespräche mit ehemaligen Kandidatinnen geführt und allen dieselben Fragen gestellt. Auf einer thematisch geordneten Webseite kann man sich jede einzelne Antwort durchlesen – und sogar im Original anhören. Eine spannende Grundlagenforschung, die FiveThirtyEight liefert.

Das Coronavirus – auf sehr verschiedene Weise erklärt

Diese direkten Inlandsflüge gibt es von Wuhan aus.

Beim Tagesspiegel Innovation Lab haben wir uns vergangene Woche ausführlich mit der Ausbreitung des Coronavirus beschäftigt. Auf Karten und Satellitenbildern zeigen wir, welche Faktoren die Ausbreitung besonders befördert haben.

Die gemeinsame genetische Geschichte, die das neue Coronavirus mit anderen Coronaviren teilt. Screenshot: Tagesspiegel von Reuters

Die beste Erklärung zur Genetik und der genauen Funktionsweise des Virus liefert Reuters Graphics.

Dort gibt es auch eine sehr spannende Geschichte anhand von Satellitenfotos vor und nach dem Ausbruch des Virus in Wuhan. Die Bilder zeigen ausgestorbene Straßen und selbst die Schifffahrt ist zum Erliegen gekommen.

Wie die englische Presse den Brexit beförderte

Die Zeit hat über 2000 Zeitungscover zum Brexit analysiert. Screenshot: Tagesspiegel von Zeit Online

Am Fenster einer schottischen Bar in Neukölln hing am Wochenende eine Europafahne. Darüber stand auf einen Zettel geschrieben: „We will never leave EU! ♡”. Das war schön. Die Realität ist leider düsterer: In der Nacht von Freitag den 31. Januar auf Samstag den 1. Februar hat Großbritannien die EU endgültig verlassen.

Die talentierten Kolleginnen und Kollegen von Zeit Online haben aus diesem Anlass noch mal nach den Gründen geforscht, wie es so weit kommen konnte. Dazu haben sie über 2000 Zeitungscover britischer Zeitungen aus drei Jahren Brexit-Debatte ausgewertet. In einem riesigen Bild aus all diesen Covern kann man sich jede einzelne Titelseite ansehen. Eine Tour führt außerdem durch besonders interessante Stationen in der Debatte. Besonders die Cover von The Sun fallen dabei auf. Die Titelseiten riefen explizit dazu auf, für den Brexit zu stimmen. Guter Journalismus geht anders…

Was noch spannend war

🕵️ Die Republik hat ein Interview mit dem Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, über die brisanten Erkenntnisse seiner Untersuchung im Fall von Wikileaks-Gründer Julian Assange veröffentlicht. Es geht um konstruierte Vergewaltigung, manipulierte Beweise und befangene Richter. Das Interview sollte zur Allgemeinbildung gehören. Lesen!

📈 Bloomberg liefert eine sehr gute Analyse von sogenannten ESG Funds. Das sind Fonds, die aus Aktien von nachhaltigen und sozialen Unternehmen zusammengesetzt sind. Ergebnis: Sie schneiden besser ab als der amerikanische Aktienindex S&P 500. Lesen

🏠 Die Schaffhauser Allgemeine Zeitung aus der Schweiz hat den Immobilienmarkt der kleinen Stadt analysiert. Da es, im Gegenteil zu Deutschland, in der Schweiz ein offenes Immobilienregister gibt, ist das dort möglich. Warum es trotzdem schwierig war, lest ihr hier.

⚖️ Die Washington Post hat ausgewertet, wer bei den Anhörungen im Rahmen des Impeachment-Verfahrens von Donald Trump bisher am meisten Redezeit bekommen hat. Hier könnt ihr die interessanten Darstellungen der Analyse anschauen.

😢 Die Visualisierung, die mich persönlich diese Woche am meisten fasziniert hat, ist eine Analyse der NASA. Sie zeigt, dass der Rauch der australischen Feuer inzwischen bis oberhalb der Stratosphäre gewandert ist. Möglich wurde das durch bestimmte Wolkenbildungen. Mit dem Rauch ist eine sehr große Menge an Kohlenmonoxid in jene Atmosphärenschicht gelangt, in der das Gas nach und nach in Kohlenstoffdioxid umgewandelt wird. Es ist der höchste Ausstoß von Kohlenmonoxid aus einem einzelnen Vorgang, den der NASA-Satellit in den letzten 15 Jahren gemessen hat.

Die Grafik zeigt den Aufstieg von Rauch und Kohlenmonoxid in die Atmosphäre. Screenshot: Tagesspiegel von NASA