Die Karte zeigt, wo man besonders viel für Miete ausgibt. Screenshot von Zeit Online

Datenspiegel #45: Wo die Mieten am meisten steigen

Neue Daten geben einen Überblick über die Entwicklung der Angebotsmieten in den deutschen Gemeinden. Außerdem: die Opioidkrise und chinesische Lager.

Überall auf der Welt versuchen Medien, mit Datenanalysen, Infografiken und Crossmedia-Geschichten, den Journalismus weiterzudenken. An dieser Stelle sammelt das Team des Tagesspiegel Innovation Lab seine Lieblingsgeschichten – jede Woche. Dieses Mal mit einer Mietpreiskarte, Leaks aus China und der Opioidkrise in den USA.

Mietenmap

Die Mietpreise steigen rasant, Wohnungsnot ist zu einem der wichtigsten politischen Themen. Zeit Online hat Daten der Firma empirica regio ausgewertet, die auf Analysen des Immobilienmarkts spezialisiert ist. Die Auswertung zeigt die Entwicklung der Angebotsmieten seit 2012 für fast alle Gemeinden Deutschlands. Die Spannbreite ist groß: Während man in der Gemeinde Borgentreich im Schnitt nur etwa vier Euro Kaltmiete pro Quadratmeter zahlt, sind es in München mehr als 17 Euro.

Die bunte Aufbereitung gibt darüber hinaus interessante Einblicke in die geografische Struktur der Mietkosten. So befördern explodierende Mieten in den Metropolen fast ebenso schnelle Preisanstiege in den Speckgürteln. Interessant dabei: In Regionen wie dem Rhein-Main-Gebiet beschränken sich diese Gebiete nicht auf das direkte Umland, sondern dehnen sich entlang von Autobahnen und Bahnstrecken weiter aus.

Der Artikel ist Teil des aktuellen Zeit-Online-Schwerpunkts „Mieten am Limit“. Dort finden sich weitere spannenden Texte, etwa eine Analyse der Mietpreisbremse: Wo wird sie angewendet und wie effektiv ist das?

Das chinesische Lagersystem

In Lagern wie diesem werden anscheinend muslimische Minderheiten von der chinesischen Regierung menschenrechtswiedrig interniert. Screenshot: Tagesspiegel von der Süddeutschen Zeitung

Der Vorwurf, dass die chinesische Regierung Minderheiten wie die Uiguren massenhaft zur „Umerziehung“ in Lagern interniert, steht schon länger im Raum. Nun wurden dem International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) Regierungsdokumente zugespielt, die diesen Verdacht bestätigen. Als einer der deutschen Kooperationspartner des ICIJ berichtet die Süddeutsche Zeitung umfassend zu dem Leak, der unter dem Namen „China Cables“ veröffentlicht wird.

Für die Inhaftierung muss man keine Straftat begangen haben – die falsche Religion oder Kontakte ins Ausland können oft ausreichen. Festgestellt wird dies ohne Prozess bei Straßenkontrollen. Die Insassen der Lager – in den Dokumenten als „Schüler“ bezeichnet – müssen mindestens ein Jahr in Gefangenschaft verbringen. Der Fortschritt der „Umerziehung“ wird mit einem Punktesystem bewertet. Missfälliges Verhalten wird bestraft. Vielfach wird auch von Folter berichtet. Die Schätzungen, wie viele Uiguren in den Lagern interniert sind, reichen von Hunderttausenden bis zu über eine Million.

Über die aktuellen Leaks hinaus ordnet der Artikel die jüngsten Geschehnisse in die Geschichte der Uiguren in der Provinz Xinjiang ein: Während sie dort 1945 mit 70 Prozent Anteil noch die Mehrheit der Bevölkerung stellten, wurden sie seither durch Zuzug zur Minderheit. Insbesondere während der letzten Jahre waren sie massiver Verfolgung ausgesetzt, Moscheen und Pilgerstätten wurden zerstört.

Mehr Informationen zu den China Cables finden sich bei der Süddeutschen Seite in einer FAQ und auf einer eigenen Themenseite. Beim ICIJ gibt es Links zu den Internationalen Projektpartnern und alle Dokumente im Original sowie in englischer Übersetzung. Bei dieser Gelegenheit sei auch noch einmal die herausragende Geschichte „Das dunkle System“ des Spiegels empfohlen, die bereits 2018 über das Thema berichtete.

Opioidkrise und Rassimus

Afroamerikaner sterben deutlich seltener an Opioidüberdosen als weiße US-Amerikaner. Screenshot: Tagesspiegel von der New York Times

Die Opioidkrise in den USA hält an: Seit Mitte der 1990er Jahre werden immer mehr Menschen durch leichtfertige Verschreibung von den starken Schmerzmitteln abhängig. Oft führt die Sucht in den Tod.

The Upshot von der New York Times beleuchtet das Problem schon länger immer wieder. Nun zeigen sie, wie das Problem mit rassistischen Vorurteilen verschränkt ist. Eine Studie hat ergeben, dass Afroamerikaner von der Epidemie weitaus weniger betroffen sind als weiße US-Amerikaner: ihre Rate von Todesfällen war etwa im Jahr 2010 nur halb so hoch.

Der Grund ist allerdings traurig: Sie bekommen weitaus seltener Opioide verschrieben. Nicht wegen medizinischer Indikationen, sondern auf Grund von Stereotypen, so die Wissenschaftler. Beispiele sind die Vermutung, dass Afroamerikaner die Medikamente eher verkaufen, oder der Irrglaube, sie hätten eine höhere Schmerzresistenz.

Das hat auch Auswirkungen auf den öffentlichen Umgang mit der Krise. Im Gegensatz zur Crack-Epidemie während der 80er- und 90er-Jahre, wird das Problem nun deutlich weniger als Kriminalitätsproblem verhandelt.

In eigener Sache

Wie sollten Straßen gestaltet sein, damit sich alle Verkehrsteilnehmer sicher fühlen? Das will der Tagesspiegel zusammen mit FixMyBerlin in einer Umfrage herausfinden: Im Straßencheck können Sie simulierte Straßen, Wege und Situationen im Verkehr bewerten und Ihre Meinung abgeben, was die größten Missstände im Berliner Verkehr sind.

Was ansonsten noch spannend war

❄️ Schnee von gestern: Die Zahl der Schneetage pro Jahr ging im Verlauf der letzten Jahrzehnte in Baden-Württemberg zurück. Das ergibt ein Auswertung von Daten des Deutschen Wetterdienstes der Badischen Neuesten Nachrichten.

🌏 In der Klimaforschung sind „tipping points“ Ereignisse, die das Klima nicht graduell, sondern schlagartig umkippen lassen. Im Fachblatt „Nature“ warnen nun führende Wissenschaftler, dass viele solcher Vorgänge viel früher eintreten könnten als bislang angenommen.

📜 Das politische Klima. Vor den Wahlen in Großbritannien hat das Magazin Tortoise untersucht, wo die Wahlprogramme der Parteien über den Klimawandel sprechen – und welche Maßnahmen sie vorschlagen.

🗳️ Die New York Times hat Daten zum Erdrutschsieg der Opposition bei den Wahlen in Hong Kong zusammengefasst.

💩 Der Deutschlandfunk beschäftigt sich mit Hass im Netz. Mit Zahlen des Bundeskriminalamts und anhand verschiedener Studien zeigen die Kollegen, dass Hasskommentare überwiegend aus dem rechten Spektrum kommen und keineswegs gleichverteilt sind.