Es werde Licht. Diese Zusammenarbeit von BärDrones und Osram soll Ingenieure bei der Arbeit erhellen. Foto: BärDrones/promo

Auf Tuchfühlung: Immer mehr Startups kooperieren mit Konzernen

»Startup meets Grown-up«: In Berlin sollen etablierte Unternehmen und Startups voneinander profitieren. Bei der Entwicklung von Drohnen beispielsweise – oder für neue Prothesen. Ein Überblick.

Wer jung ist, lässt sich nur ungerne etwas von den Großen erzählen. Ratschläge werden schnell als besserwisserisch abgetan, die Jungen wollen lieber ihre eigenen Fehler machen, die Älteren reagieren beleidigt. Dass es auch anders geht, soll die Berliner Initiative „Startup meets Grown-up“ der Wirtschaftsförderung Berlin Partner beweisen. Sie bringt etablierte Unternehmen und junge Gründer aus der Hauptstadtregion zusammen, damit sie voneinander lernen. Doch was entsteht, wenn Kreativität auf Erfahrung trifft, Inspiration auf Tradition? Eine erste Bilanz der Initiative, die derzeit auf der Hannover Messe präsentiert wird.

Die Idee

Insgesamt 100 Unternehmen wurden bisher für die Initiative „Startup meets Grownup“ gewonnen, die von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner 2016 gestartet worden ist. Es liege auch an der Nähe von etablierter Industrie zu kreativen Gründern, dass die Hauptstadt das Herz der Digital- und Startup-Szene Europa geworden sei, erklärt Stefan Franzke, Sprecher der Geschäftsführung von Berlin Partner. Während einige der Kooperationen der Initiative speziell für die Hannover Messe entstanden sind, arbeiten andere Startups und Unternehmen bereits im Alltag zusammen.

Botspot und Ottobock

Dazu gehören auch das Berliner Startup Botspot und Prothesenhersteller Ottobock. Botspot hat den ersten 3-D-Fullbody-Scanner der Welt entwickelt, mit Fotogrammetrie können darin in nur einer Hundertstelsekunde gestochen scharfe Scans angefertigt werden, von Gegenständen wie von Menschen. „Für uns ist diese Technologie von Botspot extrem spannend“, erklärt Elisabeth Quack, Leiterin des Ottobock Science Centers Berlin. Musste bisher für die Fertigung von Prothesen auf analoges Material wie Gips zurückgegriffen werden, könnten sie dank der digitalen Scans deutlich genauer an den Stumpf angepasst werden.

Ein erster Test sei erfolgreich verlaufen: Für eine Kundin, der ein Unterarm fehlt, wurde auf Basis des Botspot-Scans eine Prothese erstellt. Dieses Verfahren wollen beiden Unternehmen weiterentwickeln und an einer Automatisierung der Herstellung arbeiten. Auf der Hannover Messe soll anhand eines lebensgroßen Modells des Paralympicssiegers Heinrich Popow gezeigt werden, wie detailliert der 3-D-Scanner von Botspot arbeiten kann.

BärDrones und Osram

Mehran Mahinpour Tirooni hat schon in Japan, den USA und China gearbeitet, im Vergleich sei Deutschland „ein Entwicklungsland, was die Förderung von Startups angeht“. Trotzdem ist er nach Berlin gekommen mit seinem Startup, das den Namen der Hauptstadt sogar im Titel trägt: BärDrones. Seit 2015 entwickelt Tirooni mit drei Mitarbeitern Industriedronen, die beispielsweise zur Kontrolle von Windrädern oder Rohren in der Petrochemie eingesetzt werden können. Sie fliegen an die Objekte heran, filmen oder fotografieren gewünschte Stellen. Techniker können dadurch beispielsweise bei Reparaturen gleich das passende Werkzeug einplanen. Doch damit die Drohnen auch in der Dunkelheit einsetzbar sind, brauchen sie starke Scheinwerfer – und hier kommt Osram ins Spiel.

Der Leuchtmittelhersteller hat für BärDrones einen Scheinwerfer in ein leichtes und damit für die Drohnen tragfähiges Gehäuse verpackt, der bereits von der Wasserschutzpolizei angewendet wird. Während des Flugs kann sich das Licht über die Drohne selbst aufladen. Nicht nur wegen des Austauschs zum technischen Know-how ist Tirooni von der Zusammenarbeit begeistert: „Mit einer kleinen Firma ist es anfangs schwer, von großen Unternehmen wahrgenommen zu werden“, sagt er. Doch Kooperationen wie mit Osram könnten helfen, schneller Fuß zu fassen und auch Aufträge anderer Unternehmen zu bekommen.

R3Coms und Schleicher Electronic

„Innovationen werden heute wenig in den etablierten Unternehmen entwickelt, sondern sie kommen eher von den kleinen“, erklärt Mathias Bohge, der mit seinem Startup R3Coms genau so ein kleines Unternehmen ist. R3Coms entwickelt Echtzeit-Kommunikationssysteme, die als kabellose Übertragungslösungen für sogenannte Smart Factories genutzt werden können. Eine Idee, die Schleicher Electronic nutzen will. Das Berliner Unternehmen ist auf Automatisierungslösungen spezialisiert und bei einem Netzwerktreffen Ende 2015 auf R3Coms gestoßen.

Bisher spielte Funkkommunikation bei sicherheitsrelevanten Anwendungen keine Rolle, denn wenn das Not-Aus-Signal einer Maschine beispielsweise wegen einer Empfangsstörung nicht erreicht werde, könnte für den Anwender Lebensgefahr bestehen, erklärt eine Sprecherin von Schleicher. „Doch die kabelgebundene Kommunikation mit Maschinen wird schnell an ihre Grenzen stoßen, da Fabriken dank der Digitalisierung immer ,intelligenter‘ werden.“ Deshalb wachse der Bedarf an störfreien, zuverlässigen Drahtlos-Kommuniksationssystemen, wie R3Coms sie biete. Auf der Hannover Messe wollen die beiden Unternehmen mit einem Handbediengerät zeigen, wie eine solche drahtlose Steuerung funktionieren kann.

BigRep und die BMWGroup

Nicht weniger als den 3-D-Druck will das Kreuzberger Startup Big Rep revolutionieren. Mit BigRep One stellt es serienmäßig den nach eigenen Angaben größten 3-D-Drucker der Welt her. Mit einem Arbeitsvolumen von 1,3 Kubikmetern kann er auch sehr große Objekte ausdrucken – wie beispielsweise Prototypen für die Automobilindustrie. Deshalb arbeitet auch BMW mit BigRep zusammen, auf der Hannover Messe werden die beiden Unternehmen zusammen Teile des Motorrads BMW S 1000 RR ausdrucken, das in Berlin-Spandau produziert wird. Aus dem Drucker sollen Frontverkleidung, Seitenflügel, Sitz und Tankbehälter kommen. Was zunächst auf der Messe vorgeführt wird, könnte bald regelmäßig für die Entwicklung und Herstellung von Fahrzeugen genutzt werden.